Am Samstag entschied die Zentrale Wahlbehörde Rumäniens (BEC), dass die umstrittene Rechtsaußen-Politikerin Diana Sosoaca nicht zur Präsidentschaftswahl im Mai antreten darf. Sosoaca, ehemalige Anwältin und Anführerin der nationalistischen Partei S.O.S. Rumänien, war bereits im vergangenen Jahr von der Wahl ausgeschlossen worden. Die Behörde erklärte, dass ihre öffentlichen Äußerungen, darunter die Ablehnung der EU- und NATO-Mitgliedschaft Rumäniens, sie als ungeeignet für das Präsidentenamt ausweise, wie zum Beispiel die Nachrichtenagentur AP meldete.
Die 49-jährige Sosoaca, die in der Vergangenheit auch für ihre prorussischen Positionen bekannt wurde, reagierte prompt auf die Entscheidung. In einem öffentlichen Brief, der an den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gerichtet war, erklärte sie, dass das «demokratische System zerstört» worden sei und dass die Wahlen bereits «manipuliert» worden seien.
Während Sosoaca von der Wahl ausgeschlossen wurde, genehmigte die Wahlbehörde die Kandidatur von George Simion, dem Vorsitzenden der Allianz für die Einheit der Rumänen (AUR). Simion, der als führende Figur der rumänischen extremen Rechten gilt, hat bereits angekündigt, dass er mit seiner Partei versuchen will, die Wähler des nationalistischen und konservativen Spektrums zu mobilisieren. AUR hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen und ist mittlerweile die zweitgrößte Partei im Parlament.
Simion, der im ersten Wahlgang der letzten Präsidentschaftswahl 2024 mit 13,8% der Stimmen den vierten Platz belegte, hat sich mehrfach zu politischen Kontroversen geäußert. Ein besonders heikles Thema ist seine Unterstützung für eine Wiedervereinigung mit Moldawien, was ihm bereits Einreiseverbote in das Nachbarland eingebracht hat. Auch die Ukraine verweigert ihm die Einreise, was er als Teil einer politischen Hetzkampagne gegen ihn betrachtet.
«Jetzt müssen wir sehen, ob wir das Verfassungsgericht überstehen können und zurück zur Demokratie finden», äußerte sich Simion nach der Genehmigung seiner Kandidatur.
Der 38-Jährige ist derzeit Gegenstand einer strafrechtlichen Untersuchung wegen Anstiftung zu Gewalt, die im Zusammenhang mit der Ablehnung der Kandidatur des ebenfalls als rechtsextrem bezeichneten Kandidaten Calin Georgescu für die Präsidentenwahl steht.
Rumänien befindet sich seit der Annullierung der Präsidentschaftswahlen im Dezember 2024 in einer schweren politischen Krise. Das Verfassungsgericht hatte die Wahl wegen eines angeblich koordinierten Online-Wahlkampfes zugunsten des Kandidaten Georgescu für ungültig erklärt. Es wurde vermutet, dass Russland hinter den Bemühungen steckte, Georgescu zu unterstützen. Moskau wies jedoch jede Einmischung zurück und bisher konnte eine solche Einmischung auch nicht bewiesen werden.
Trumps Sondergesandter Richard Grenell deutete an, dass die damals noch amtierende Biden-Regierung, nicht Russland, versucht habe, bei der kürzlich stattgefundenen Wahl in Rumänien Einfluss zu nehmen. Die Anschuldigung kam im Februar, zu einer Zeit, in der das Weiße Haus die diplomatischen Aktivitäten der Biden-Administration im Ausland genau unter die Lupe nahm.
Diese Entscheidung des Verfassungsgerichts führte zu weitreichenden politischen Spannungen und internationaler Kritik, auch von prominenter Seite wie dem US-Vizepräsidenten JD Vance und dem Unternehmer Elon Musk (wir haben hier, hier und hier darüber berichtet). Offensichtlich wurde die Entscheidung, den zweiten Wahlgang der Präsidentenwahl zu annullieren, in großer Eile und unter Druck gefällt. Anders wäre nicht zu erklären, dass dieser Entscheid zustande kam, als die Briefwahl schon lief.
Der bisherige Präsident, der Siebenbürger Sachse Klaus Werner Johannis, blieb dann bis auf weiteres im Amt, trat dann aber im Februar plötzlich ab, mutmaßlich unter Druck der Trump-Administration.
Die Äußerungen von JD Vance zeigen, dass die jetzigen Entscheide des Verfassungsgerichtes, Kandidaten von der Wahl auszuschließen, nicht durch Washington beeinflusst wurden, sondern wenn überhaupt durch die Pro-EU-Regierung und Pro-NATO-Regierung in Bukarest und durch die EU.
Rumänien ist für die NATO wichtig – jedenfalls war das bis zum Amtsantritt der Trump-Administration so –, weil an der rumänischen Schwarzmeerküste eine riesige NATO-Basis entsteht, die als Aufmarschgebiet Richtung Ukraine und als logistische Basis dienen könnte.
Ein Präsident oder eine Präsidentin, die EU- und NATO-kritisch ist, könnte diese Pläne vereiteln, weil in Rumänien der Präsident beträchtliche Kompetenzen in außen- und verteidigungspolitischer Hinsicht hat.
Mit der anstehenden Wiederholung der Wahl im Mai 2025, die in zwei Runden abgehalten werden soll, könnte sich die politische Landschaft weiter verschieben. Sollte keiner der Kandidaten mehr als 50% der Stimmen im ersten Wahlgang erreichen, wird ein zweiter Wahlgang am 18. Mai stattfinden.
Parallel zur Zulassung der Kandidatur von Simion fanden in Bukarest tausende von Menschen zu einer proeuropäischen Kundgebung zusammen, um gegen den Aufstieg von Nationalismus und Ultrarechts in Europa zu demonstrieren.
Das endgültige Kandidatenfeld ist seit gestern fix. Die rumänische Präsidentschaftswahl im Mai 2025 wird voraussichtlich von drei Hauptkandidaten geprägt: Crin Antonescu, der von der Pro-EU-Regierungskoalition unterstützt wird, George Simion, Präsident der rechtsextremen Partei AUR, und Nicușor Dan, Bürgermeister von Bukarest, der als unabhängiger Kandidat mit Unterstützung des Mitte-rechts-Lagers antreten wird. Zusätzlich hat Elena Lasconi ihren Hut in den Ring geworfen, nachdem sie bei den vergangenen Wahlen den zweiten Platz hinter Georgescu belegte.
Nach der Nichtzulassung von Georgescu und Sosoaca ist die entscheidende Frage, ob sich die Stimmen des ganzen nationalkonservativen Lagers auf Simion übertragen. Georgescu lag bei den letzten Meinungsumfragen derart voran, dass er wohl bereits im ersten Wahlgang obsiegt hätte.
Während sich Simion in Sachen EU und NATO nicht derart prononciert äußert, hat er durchaus eine problematische Seite. Er befürwortet eine Vereinigung Rumäniens mit Moldawien – in der Zwischenkriegszeit hatte das kleine Land bereits zu Rumänien gehört – und er ist auch für seinen konfrontativen Stil in Bezug auf die Minderheiten im Land berüchtigt.
In Siebenbürgen und im Banat gibt es nach wie vor eine große ungarische Minderheit – in zwei Landkreisen stellt sie sogar die Mehrheit – und eine kleine, aber wichtige deutschsprachige Bevölkerungsgruppe.
Es ist deshalb kaum denkbar, dass Simion zusammen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Orban und dessen slowakischem Amtskollegen Fico die EU- und NATO-kritische Phalanx verstärkt. Ist Simion vielleicht gerade deshalb eher genehm als Georgescu und Sosoaca?
Kommentar Transition News:
Dass das Bekenntnis zu einer internationalen Organisation wie der NATO und der EU Voraussetzung ist für die Teilnahme an einer Wahl, ist an und für sich schon ein Skandal. Ein weiterer Skandal besteht darin, dass die Medien das nicht stärker thematisieren und anprangern. Würde man in der Schweiz nach diesen Kriterien vorgehen, wäre ein großer Teil der Politikerinnen und Politiker nicht mehr wählbar.