Die Schweiz steht in der internationalen Politik zunehmend im Spannungsfeld zwischen globaler Zusammenarbeit und der Wahrung ihrer nationalen Souveränität. Ein aktueller Diskurs betrifft die Anpassungen der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Dabei stehen diese Anpassungen (wir haben letztmals hier darüber berichtet), die unter der Leitung von Barbara Schedler Fischer, der Leiterin der Abteilung Internationales im Bundesamt für Gesundheit (BAG), vorangetrieben wurden, zunehmend in der Kritik. Die Frage, ob die Schweiz mit den Änderungen ihre Entscheidungsfreiheit aufgibt, wird immer lauter gestellt.
Barbara Schedler Fischer, die als diplomatische Vertreterin der Schweiz in internationalen Gesundheitsfragen fungiert, hat wiederholt betont, dass die Anpassungen der IGV keine grundlegenden Änderungen für die Schweiz mit sich bringen werden. So zitiert sie das Aktionsbündnis Freie Schweiz (ABF) in seiner neusten Mitteilung von dieser Woche: «Für die Schweiz wird sich nichts Grundlegendes ändern.» In die gleiche Kerbe schlägt die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) in der Ausgabe vom 6. März.
Doch die Fakten sprechen gemäß ABF eine andere Sprache: Die neuen IGV verpflichten die Schweiz dazu, WHO-Anordnungen umzusetzen, ohne dass der Bundesrat oder das Parlament in den Entscheidungsprozess einbezogen werden. Der WHO-Generaldirektor, so schreibt das ABF, könne künftig eigenmächtig einen globalen Gesundheitsnotstand ausrufen, und die Schweiz wäre dann dazu verpflichtet, Strukturen zur Überwachung und Durchsetzung von WHO-Vorgaben zu schaffen. Dies stellt einen massiven Eingriff in die nationale Souveränität dar und wirft die Frage auf, warum die Schweiz solche weitreichenden Kompetenzen an eine Organisation abgeben sollte, die weder demokratisch legitimiert ist noch in der Vergangenheit mit besonderer Kompetenz geglänzt hat.
Neben der Pflicht zur Umsetzung von WHO-Vorgaben ist ein weiterer kritischer Punkt die Verpflichtung der Schweiz, sogenannte «Kernkapazitäten» für die Umsetzung der WHO-Maßnahmen zu schaffen. Diese Kapazitäten umfassen nicht nur Kontrollstrukturen, sondern auch die finanzielle Verantwortung für deren Einrichtung und Pflege. Die angeblich harmlosen Anpassungen der IGV beinhalten somit erhebliche langfristige Verpflichtungen, die der Schweiz sowohl finanzielle Lasten als auch organisatorische Herausforderungen aufbürden.
Ein weiterer umstrittener Punkt betrifft die Regelungen im Umgang mit «Fehlinformationen». Die Schweiz wird verpflichtet, Strukturen zur Kontrolle und «Behandlung von Fehlinformationen» zu schaffen. Dies könnte in der Praxis die Tür für Zensurmaßnahmen öffnen, was die Sorgen vieler Kritiker verstärkt. Trotz eines Vorbehalts, den der Bundesrat in diesem Zusammenhang vorgesehen hat, birgt die Regelung das Potenzial für Eingriffe in die Meinungsfreiheit.
Parallel zu den Diskussionen um die WHO und ihre internationalen Verpflichtungen entsteht eine Debatte über den Austritt der Schweiz aus der Weltgesundheitsorganisation. Die SVP (Schweizerische Volkspartei) hat kürzlich sogar eine Motion eingereicht, in der der Bundesrat aufgefordert wird, so schnell wie möglich aus der WHO auszutreten.
Die Partei begründet diese Forderung damit, dass die WHO ein «Bürokratiemonster» sei, das zu hohe Kosten verursache und die Souveränität der Mitgliedstaaten zunehmend einschränke. Die Schweiz zahle jährlich mehr als 30 Millionen Franken an die WHO, und die SVP stellt infrage, ob diese Ausgaben gerechtfertigt sind, insbesondere angesichts der Verwendung der Gelder und der unklaren Prioritäten innerhalb der Organisation.
Zusätzlich zu den Diskussionen rund um die WHO stellt die SVP auch das Schweizer Engagement im Pariser Klimaabkommen in Frage. Sie kritisiert die hohen Kosten und die bürokratischen Anforderungen, die das Abkommen mit sich bringt. Ihre Forderung, das Abkommen aufzukündigen, basiert auf der Ansicht, dass es keine Notwendigkeit gibt, die Schweiz strengeren Klimaregeln zu unterwerfen, während andere große Verschmutzer ihre Verpflichtungen nicht einhielten.