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Die Pläne des wiedergewählten US-Präsidenten Donald Trump, unter dem Motto «Make America great again» («Amerika wieder groß machen») die USA auf Kosten anderer Länder zu stärken, sind nichts Neues. Das schreibt der Finanzanalytiker Michael Hudson in einem aktuellen Beitrag, den er am Sonntag veröffentlichte und in dem er sich mit der Frage auseinandersetzt, ob der Dollar als Waffe eingesetzt wird.
Die Pläne wären «keine große Veränderung in der US-Politik», so Hudson, der vermutet, dass Hudsons Gesetz (nicht nach ihm benannt) unter Trump seinen Höhepunkt erreicht:
«Jede Aktion der USA, die andere Länder angreift, neigt dazu, nach hinten loszugehen und die US-amerikanische Politik am Ende mindestens doppelt so viel zu kosten.»
Der Finanzexperte erinnert daran, «dass das Ausland von der aggressiven Politik der USA profitiert». Das sei ganz offensichtlich bei den Handelssanktionen der USA gegen Russland. Und wenn die USA nicht selbst der Verlierer seien (wie im Fall der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline, die zu einem Anstieg der LNG-Exporte führte), trügen ihre Verbündeten die Kosten.
Die Folgen beziehungsweise Kosten könnten in dem Fall laut Hudson sein, «dass die Vereinigten Staaten Europa und die NATO verloren haben, weil die europäischen Länder Druck ausüben, um ihre Unabhängigkeit von der US-Politik zu erklären». Die geforderten Sanktionen gegen Russland und China würden zu Gegensanktionen führen, die den Verkauf anderer Rohstoffe an die EU blockieren – und damit die Trennung der Europäer von den USA befördern.
Hudson verweist darauf, dass Trumps Plan, die US-Zölle zu erhöhen und sie ähnlich wie Sanktionen gegen Länder einzusetzen, innerhalb der USA viel Gegenwind bekommt. Er bedrohe damit «wahrscheinlich zu viele etablierte Interessen», was einen großen internen Konflikt dazu verhindere. Trump werde damit beschäftigt sein, das FBI, die CIA und das Militär zu säubern, die sich ihm seit 2016 widersetzen.
Geld als Machtmittel
Er drohe damit, den Dollar als Waffe einzusetzen, um anderen Ländern zu schaden. Das sei neben seinem Bestreben, den weltweiten Ölhandel und wichtige Medienplattformen zu kontrollieren, ein wichtiges Anliegen für den nächsten US-Präsidenten und seine Vorstellung von Verhandlungen und Transaktionen.
In der Financial Times habe kürzlich der Ökonom Matteo Maggiori, erklärt, dass nationale Macht «nicht nur Güter, sondern auch Geld betrifft. Wir schätzen, dass die geoökonomische Macht der USA auf Finanzdienstleistungen beruht, während die chinesische Macht auf der Produktion beruht.»
Trump strebe nicht nur die Kontrolle der weltweiten Öl- und Flüssigerdgasversorgung an, sondern wolle außerdem die Macht der USA auf ihr Finanzsystem stützen. So habe er den BRICS-Ländern gedroht, sie zu bestrafen, wenn sie nach einer Alternative zum Dollar suchen.
Diese Strategie basiert laut Hudson darauf, dass Länder Zugang zu US-Dollars und Finanzmärkten benötigen, «genauso wie sie Öl und Informationstechnologie unter kommerzieller Kontrolle der USA benötigen». Doch der Versuch, Russland und andere Länder vom SWIFT-Bank-Clearing-System auszuschließen, habe dazu geführt, dass Russland und China ihr eigenes Ausweichsystem schufen.
Der renommierte 85-jährige Finanzanalytiker zählt auf, von welchen Ländern die USA mit verschiedenen Begründungen deren Goldreserven und Devisenreserven beschlagnahmten: Venezuela, Russland, Ukraine, Libyen, Syrien, Afghanistan.
«Offensichtlich gehen die Vereinigten Staaten davon aus, dass Gold wieder eine wichtige Rolle im Weltwährungssystem spielen wird.»
Er bezweifelt, dass die Finanzpolitik der USA langfristig funktionieren kann. Eher werde sie sich als «ebenso selbstzerstörerisch erweisen wie andere internationale Spielchen der USA». Das belegt er in seinem Beitrag ausführlich.
Unmögliches Ziel
Der Versuch der USA, die finanzielle Kontrolle zu erlangen, sei unmöglich zu erreichen. Keine Nation könne ihre internationale Macht allein auf Finanzen stützen.
Die USA hätten sich deindustrialisiert und durch die neoliberale Privatisierungspolitik die eigene Wirtschaft mit einem enormen Aufwand an Schuldendienst, Krankenversicherungskosten und Immobilienkosten belastet. Der gestiegene Anteil des FIRE-Sektors (Finanzen, Versicherungen und Immobilien) am gemeldeten Bruttoinlandsprodukt (BIP) gebe nur die Transferzahlungen von der Produktions- und Konsumwirtschaft an den Rentiersektor wieder.
Dadurch sei das BIP der USA substanzloser als das Chinas und dessen sozialistischer Marktwirtschaft. Denn: «Wenn die Kosten für Kredite und Mieten steigen, steigt auch das BIP.»
Jede starke und autarke Nation oder regionale Gruppierung könne inzwischen per Computer ihr eigenes Geld schaffen. Sie müsse ihr Geld und ihre Schulden nicht mehr auf Silber- und Goldbarren stützen.
Trump lebe «in einer vergangenen Welt», so Hudson. Das liege an den «rechtsgerichteten republikanischen ‹Hard Money›-Anhänger, die sich nach dem alten Goldstandard sehnen und darauf bestehen, dass die Geldschöpfung durch die Regierung von Natur aus inflationär ist (als ob Bankkredite dies nicht wären)».
Die USA seien sehr stark gewesen, als Gold der wichtigste Vermögenswert der Zentralbanken war. Bis 1950 sei es dem US-Finanzministerium gelungen, 80 Prozent des Währungsgoldes der Zentralbanken der Welt zu monopolisieren. Andere Länder benötigten nach dem Zweiten Weltkrieg zum Kauf von US-Produkten Dollars und hätten dafür ihr Gold verkauft.
Kein dauerhafter Zustand
Aber in Folge des Vietnamkrieges hätten bis 1971 die Militärausgaben der USA im Ausland diese Stärke und Kontrolle zunichtegemacht. Das entsprechende US-Zahlungsbilanzdefizit habe das US-Gold aufgezehrt. Die Zentralbanken hätten daraufhin ihre Dollars für US-Schatzanweisungen ausgegeben.
Hudson beschrieb diese Veränderung bereits 1972 in seinem Buch «Superimperialismus». Doch die Versuche der USA, die Finanzwelt als Waffe einzusetzen, hätten dazu geführt, dass andere Länder Dollars loswerden und auch ihr Gold nicht mehr in den USA oder Großbritannien lagern wollten. Sogar Deutschland habe darum gebeten, seine Goldreserven von der Federal Reserve Bank in New York zurückzubekommen.
Die USA konnten Gold durch US-Staats- und Privatschulden ersetzen, vor allem, weil sie eine Plattform für internationale Zahlungen boten. Das schien sie für internationale Reserven «so gut wie Gold» zu machen, so Hudson.
Doch dieser Zustand scheine in der internationalen Politik nicht von Dauer zu sein, weil jeder Geld drucken könne – andere müssten es nur akzeptieren. Vor diesem Problem stünden die Vereinigten Staaten heute, stellt der Ökonom fest.
Angesichts der wachsenden US-Verschuldung drohe, dass andere Volkswirtschaften die US-Dollars nicht mehr akzeptieren. Das sei auch der Fall, wenn es für andere Länder keinen Bedarf gibt, sie für Zahlungen im eigenen Außenhandel, bei Krediten und Investitionen zu verwenden.
«Eine Stütze für den Dollar ist die Notwendigkeit für den globalen Süden und andere Schuldnerländer, Dollars zu beschaffen, um die von ihnen angehäuften Auslandsschulden zu begleichen. Aber wie lange kann das gut gehen?»
Hudson beschreibt das Problem so: Wenn die Länder ihre Auslandsschulden begleichen, indem sie die zerstörerische Politik des IWF, der Weltbank und des Washington Consensus befolgen, hätten sie kein Geld mehr, um in ihr eigenes Wirtschaftswachstum zu investieren.
«Wessen Interessen werden sie in den Vordergrund stellen: die der US-amerikanischen Anleihegläubiger und Banken oder die ihrer eigenen Wirtschaft?»
Die Schuldnerländer würden einem gegen sie gerichteten System nicht länger zustimmen, das Wachstum gegen immer mehr Schulden und für den Verkauf der eigenen Rohstoffe und nationalen Ressourcen versprochen hat. Dieses Problem werde heute durch den steigenden Wechselkurs des Dollars gegenüber vielen anderen Währungen noch verschärft.
System unter Druck
«Trumps Ideen sind sehr konfus, wenn es darum geht, dieses Problem anzugehen», schreibt der Ökonom. Trump habe einen niedrigeren Wechselkurs für den Dollar gewünscht, um die US-Exporte wettbewerbsfähiger machen zu können. Aber das sei nicht praktikabel, denn die deindustrialisierte US-Wirtschaft könne ihre industrielle Macht in absehbarer Zukunft nicht wieder aufbauen.
Die von Trump angesprochenen niedrigeren Zinssätze würden zudem in der Regel zu einem Kapitalabfluss in andere Länder mit höheren Zinssätzen führen, die höhere Zinssätze zahlen. Aber die US-Wirtschaft sei anders, was der Kapitalzufluss und der erhöhte Dollar-Wechselkurs nach der Senkung der US-Zinssätze in den vergangenen Jahrzehnten gezeigt habe.
Die Erwartungen an Trumps Politik hätten den Dollarkurs zunächst in die Höhe getrieben. Die Währungen der Länder des globalen Südens stünden unter starkem Druck, da sie laut Hudson versuchen, ihre US-Dollar-Anleihen und andere auf Dollar lautende Kredite auf dem aktuellen Stand zu halten.
Der Ökonom rechnet für 2025 mit einem starken US-Dollar, während andere Länder ihre Währungen vor einer Aufwertung schützen müssten. Zugleich gebe es zunehmende Zahlungsrückstände und -ausfälle für Kredite in den USA, vor allem im Gewerbeimmobilienbereich. Im Verbrauchersektor würden Autokredite, Kreditkartenschulden und Studienkredite immer mehr in Verzug geraten.
«Irgendetwas muss nachgeben. Und das wird nicht nur die US-Finanzmärkte betreffen, sondern auch die Zahlungsbilanz, da ausländisches Kapital aus den Vereinigten Staaten in sichere Häfen flieht.»
Das könne zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrhundert dazu führen, dass die Kapitalflucht in die Sicherheit nicht in die Vereinigten Staaten, sondern aus ihnen heraus erfolgt. Die US-Wirtschaft sei umgestaltet worden, um die Finanzgewinne aufzublähen, und durch die Auslagerung ihrer Arbeitskräfte deindustrialisiert worden. Die US-Industrie sei durch eine finanzialisierte Deindustrialisierung ersetzt worden.
Das Bestreben der BRICS-Staaten, sich gemeinsam gegen die Hegemonie der USA zu verteidigen, führt aus Sicht des US-Ökonomen in «eine grundlegende und breite Spaltung in der wünschenswerten Art und Weise der Organisation von Volkswirtschaften». Die BRICS-Staaten würden den Finanzkapitalismus als «räuberisch» ablehnen – «Vor allem, da Trump versucht, ihn voranzutreiben, indem er Sanktionen gegen Länder verhängt, die sich vom Dollar abwenden.»
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