Im Januar berichteten wir über eine Studie aus den USA, die aufzeigt, dass Mikroplastik in fast allen untersuchten Proben von sechs beliebten Fisch- und Meeresfrüchtearten gefunden wurde.
Auch schrieben wir kürzlich, dass Analysen zufolge ultraverarbeitete «Lebens»mittel wie Süßigkeiten, Hotdogs und abgepackte Suppen in Verbindung stehen mit vier von zehn Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einem erhöhten Sterberisiko. Dabei spielt nicht nur ihr hoher Verarbeitungsgrad eine Rolle, sondern auch die schier unzähligen giftigen synthetischen Chemikalien, darunter Mikroplastik, die aus Verpackungen, Verarbeitungsanlagen und anderen Quellen in sie eindringen.
Nun ist im April die erste groß angelegte Arbeit publiziert worden, in der ermittelt wurde, dass Dutzende von Vogelarten mit Plastik kontaminiert sind. Erschienen ist die Studie im Fachmagazin Journal of Hazardous Materials. Analysiert wurde Lungengewebe von 51 verschiedenen Vogelarten, die in der Nähe des internationalen Flughafens Chengdu Tianfu in China lebten. Ziel war es festzustellen, ob Mikroplastik, also winzige Plastikpartikel zwischen 1 Mikrometer (1 Millionstel Meter) und fünf Millimetern «Größe», und auch Nanoplastikpartikel, die weniger als 1 Mikrometer messen, vorhanden waren – und wenn ja, in welcher Menge. Ergebnis:
-* Über alle 51 Arten hinweg fanden die Forscher insgesamt 11.281 Plastikpartikel. Im Durchschnitt hatte jeder Vogel etwa 221 Partikel in der Lunge, also rund 416 Partikel pro Gramm Lungengewebe. Manche Vögel hatten nur wenige Partikel, wie die Zwergammer mit elf. Andere, wie der Graureiher, hatten mehr als 1400.
-* Von den 32 nachgewiesenen Kunststoffarten wurden chloriertes Polyethylen und Butadienkautschuk am häufigsten nachgewiesen. Diese Kunststoffe finden sich häufig in Verpackungen, Kabeln und Reifen. Die meisten Partikel waren zwischen 20 und 50 Mikrometer groß.
-* Die Lungen mancher Vögel, insbesondere von solchen, die an Land leben, andere Tiere fressen oder größer sind, waren tendenziell stärker mit Plastikpartikeln «durchtränkt». Dies erklärt sich wahrscheinlich damit, dass manche Vögel mehr Zeit in verschmutzten Gebieten verbringen und ihre Gewohnheiten zu einer höheren Belastung führen.
-* Zusätzlich zu Mikroplastik suchte das Team bei fünf Vogelarten nach noch kleineren Partikeln: nach Nanoplastikteilchen. Dazu zählen Nylon 66, Polypropylen (PP) und Polyvinylchlorid (PVC), die häufig in Kleidung, Verpackungen und Baumaterialien zu finden sind.
-* Den Autoren zufolge dienen Vögel als «Bioindikatoren» und sind damit eine Art Gradmesser dafür, wie stark Mikro- und Nanoplastik in Ökosysteme eingedrungen sind. Diese Stoffe könnten nicht nur die Atemwegsgesundheit, sondern auch die Artenvielfalt negativ beeinträchtigen.
Die Autoren schreiben:
«Vögel sind eine hochmobile und ökologisch vielfältige Klasse und daher ein wertvolles Modell zur Untersuchung der Mikro-Nano-Partikel-Exposition in natürlichen Umgebungen. Das einzigartige Atmungssystem von Vögeln mit seinem unidirektionalen Luftstrom und den Luftsäcken ermöglicht einen hocheffizienten Gasaustausch, erhöht aber auch die Belastung der Vögel mit luftgetragenen Schadstoffen wie Mikroplastik.
Ihre hohen Atemzugvolumina und Atemfrequenzen verstärken die Inhalation und Retention [= Bindung] von luftgetragenen Partikeln zusätzlich. Das macht die Vogellunge zu einem idealen Modell zur Untersuchung der luftgetragenen Mikro-Nano-Plastik-Verschmutzung. Aufgrund ihrer Empfindlichkeit gegenüber Umweltveränderungen wurden Vögel bereits als Biomonitore für eine Vielzahl von Umweltschadstoffen eingesetzt, darunter Schwermetalle, organische Schadstoffe und lungengängige Partikel.»
Shane DuBay, Assistenzprofessorin für Biologie an der University of Texas in Arlington und Teil des Autorenteams, wird mit folgenden Worten zitiert:
«Unsere Forschung unterstreicht die dringende Notwendigkeit, die Plastikverschmutzung in unserer Umwelt zu bekämpfen, da diese Schadstoffe weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit der Ökosysteme und die menschliche Gesundheit haben können.
Unsere Ergebnisse erfordern weitere Forschung, Finanzierung und Maßnahmen, um die schädlichen Auswirkungen der Plastikverschmutzung einzudämmen und eine gesündere Umwelt zu gewährleisten.»