Argentinien ist eines von sechs Ländern, die zum 1. Januar 2024 den BRICS-Staaten beitreten werden. Diese Entscheidung seitens des argentinischen Präsidenten wirft laut El Economista Fragen bezüglich der Modalitäten, der Gründe und der «angeblichen wirtschaftlichen Vorteile» auf.
Es sei schwer zu verstehen, dass der Beitritt zu einem geopolitischen Bündnis «ohne parlamentarischen Konsens» erfolgen könne. Prozesse zur Mitgliedschaft in der NATO oder der EU müssten beispielsweise auch durch die jeweiligen parlamentarischen Institutionen der Länder gehen.
Das Blatt aus Buenos Aires kritisiert ausserdem den Zeitpunkt der Entscheidung. Die Position von Präsident Alberto Fernández sei aktuell geschwächt und er stehe kurz vor dem Ausscheiden aus dem Amt.
Wirtschaftliche Vorteile von dem Beitritt zu erwarten, sei zweifelhaft. Auf die BRICS würden mit den neuen Mitgliedern 29 Prozent des weltweiten BIP entfallen. Dagegen hätten die G7 und die EU einen Anteil von 51 Prozent daran. Oder 57 Prozent, wenn man «die westliche Welt» betrachte, meint die Zeitung.
Ausserdem sei Russlands Wirtschaft von der Welt isoliert und diejenige Chinas stecke in einer Krise. Das vielversprechendste Land der Gruppe sei Indien, es spiele allerdings an zwei Tischen. Indiens Beteiligung am QUAD, eines militärischen Sicherheitsdialogs mit Australien, Japan und den Vereinigten Staaten, löse in Peking Unmut aus. Der BRICS-Block sei also gespaltener als es scheine.
Die Diskussion solle sich auch auf die Werte des Blocks konzentrieren, erklärt El Economista. Präsident Fernández habe auf die Mitgliedschaft in den BRICS auch deshalb gedrängt, um «die Welt zu gestalten, von der wir immer geträumt haben». Dies sei jedoch kaum zu rechtfertigen, angesichts Russlands Aggression gegen die Ukraine, der Menschenrechtsverletzungen in China und Russland, der Ungleichheit in Südafrika oder der «Diktaturen», die zusammen mit Argentinien dem Block beitreten werden.
Vierzig Jahre nach der Rückkehr zur Demokratie könne Argentinien nicht auf eine «antidemokratische Vision der Welt» setzen. Das Land solle die Gelegenheit ergreifen, die «demokratischen Länder des globalen Südens» anzuführen, die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und sich der westlichen Welt anzunähern.
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