Der wegen sexueller Ausbeutung Minderjähriger angeklagte und am 10. August 2019 in seiner Zelle tot aufgefundene Jeffrey Epstein beherrscht wieder die Schlagzeilen. Grund: Die Trump-Administration meint neuerdings, es gebe keine «geheime Epstein-Klientenliste», und Epstein habe sich selbst umgebracht. Doch mit diesen Aussagen hat Trump bei seiner Anhängerschaft erheblich an Sympathien eingebüßt. Zudem werfen Kritiker ein, die Weigerung der Trump-Regierung, die Epstein-Akten und -Videos vollständig freizugeben, diene der herrschenden Klasse. Laut dem US-Journalisten Chris Hedges ist dies Teil einer «widerwärtigen Kabale» (TN berichtete hier und hier darüber).
Jetzt gerät Trump weiter unter Druck, weil pikante Zitate ausgegraben wurden, die mit dem 79-Jährigen in Verbindung gebracht werden. In einem Interview mit dem New York Magazine, veröffentlicht am 28. Oktober 2002, hatte Trump zum Beispiel über den «mysteriösen internationalen Finanzmann», wie das Magazin Epstein bezeichnete, gesagt:
«Ich kenne Jeff seit 15 Jahren. Ein toller Kerl. Es macht riesigen Spaß, mit ihm zusammen zu sein. Man sagt sogar, er stehe genauso auf schöne Frauen wie ich, und viele von ihnen sind eher jünger. Kein Zweifel – Jeffrey genießt sein gesellschaftliches Leben.»
Auch berichtete das Wall Street Journal (WSJ) am Donnerstagabend unter Berufung auf «Dokumente», die seine Reporter geprüft hätten, dass Trump für Epstein Anfang 2003 zu dessen 50. Geburtstag einen anzüglichen Geburtstagsbrief verfasst habe. Dieser habe eine Zeichnung von einer nackten Frau enthalten und auch das Eingeständnis, dass die beiden «gewisse Dinge gemeinsam haben», sowie den Wunsch, dass «jeder Tag ein weiteres wunderbares Geheimnis sein möge».
Der Trump zugeschriebene Brief soll die mit dickem Filzstift gezeichnete Silhouette einer nackten Frau zeigen – mit Bögen, die Brüste darstellen, und einer verschnörkelten «Donald»-Signatur, die das Schamhaar der Frau illustriert. Innerhalb dieses Rahmens der weiblichen Figur soll der Brief folgenden maschinengeschriebenen Text enthalten, kreativ geschrieben im Stil eines Audio- oder Videoskripts:
«Stimme aus dem Off: Es muss im Leben mehr geben, als alles zu haben.»
Donald: Ja, das gibt es, aber ich werde Ihnen nicht sagen, was es ist.
Jeffrey: Ich auch nicht, da ich auch weiß, was es ist.
Donald: Wir haben bestimmte Dinge gemeinsam, Jeffrey.
Jeffrey: Ja, wenn ich es mir recht überlege, haben wir das.
Donald: Rätsel altern nie, ist Ihnen das aufgefallen?
Jeffrey: Tatsächlich war mir das klar, als ich Sie das letzte Mal sah.
Donald: Ein Freund ist etwas Wunderbares. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag – und möge jeder Tag ein neues wunderbares Geheimnis sein.
Wie ZeroHedge dazu schreibt, bestreite Trump, etwas mit dem Brief zu tun zu haben. «Das bin nicht ich. Das ist eine Fälschung. Es ist eine erfundene Wall Street Journal-Geschichte», hatte Trump gegenüber dem WSJ am Dienstagabend gesagt. «Ich habe noch nie in meinem Leben Bilder gemalt. Ich zeichne keine Bilder von Frauen. Das ist nicht meine Sprache. Das sind nicht meine Worte.»
Trump habe angekündigt, so ZeroHedge, die Zeitung zu verklagen, sollte sie die Geschichte veröffentlichen: «Ich werde das Wall Street Journal verklagen, so wie ich alle anderen verklagt habe.» Tatsächlich hat Trump dies am Freitag dann auch getan, wie Reuters berichtet.
ZeroHedge schreibt unterdessen weiter:
«Selbst wenn der Brief authentisch wäre, ist es keineswegs schlüssig, dass sich Trumps Bildersprache und Lobpreisung von ‹Geheimnissen› auf illegale Handlungen mit minderjährigen Frauen bezogen. Dennoch verschärft die Geschichte die anhaltende Kontroverse über die Behauptung des Präsidenten, die ‹Epstein-Akten› des FBI seien eine Falschmeldung der Demokraten, und seine koalitionsspaltende Darstellung, Konservative, die auf die Veröffentlichung weiterer Epstein-Dokumente drängen, seien ‹Schwächlinge›, die ‹ihre Lektion nicht gelernt haben›.»
Das WSJ habe derweil angegeben, den Brief geprüft zu haben, habe aber kein Bild davon veröffentlicht. Dem Artikel der Zeitung zufolge war der Brief einer von vielen, die in einem ledergebundenen Album enthalten waren, das Epstein-Weggefährtin Ghislaine Maxwell, die inzwischen als Sexhändlerin verurteilt wurde, 2003 zusammengestellt hatte. Das Album diente als Geschenk zu besagtem 50. Geburtstag von Epstein. Zu den weiteren Einsendern von Briefen sollen der Milliardär Leslie Wexner und der Anwalt Alan Dershowitz gehören.
US-Vizepräsident J. D. Vance griff das WSJ ebenfalls an:
«Verzeihen Sie meine Ausdrucksweise, aber diese Geschichte ist völliger Schwachsinn. Das Wall Street Journal sollte sich schämen, sie veröffentlicht zu haben. Wo ist dieser Brief? Wären Sie schockiert, wenn Sie erfahren würden, dass sie ihn uns vor der Veröffentlichung nie gezeigt haben? Glaubt irgendjemand ernsthaft, dass das nach Donald Trump klingt?»
Nachdem das WSJ den Artikel veröffentlicht hatte, gab Trump außerdem bekannt, dass er Bondi angewiesen habe, «alle relevanten Zeugenaussagen vor der Grand Jury» im Zusammenhang mit dem Fall Epstein vorzulegen. Gleichzeitig wiederholte er, dass Menschen, die Informationen darüber forderten, wer sich an Epsteins Bande minderjähriger Mädchen vergnügt habe, auf einen «von den Demokraten inszenierten Betrug» hereinfielen.
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