Laut der US-Zeitung New York Times (NYT) hat der russische Verteidigungsminister Andrei Belousow am 12. Juli den US-Kriegsminister Lloyd J. Austin per Telefon vor einer verdeckten ukrainischen Operation gegen Russland mit US-Unterstützung gewarnt. Das berichtete das Blatt am Freitag.
Demnach startete Belousow den als privat deklarierten Anruf, nachdem Austin am 25. Juni in Moskau angerufen hatte. Anlass seien Informationen über eine verdeckte ukrainische Operation gegen Russland gewesen, die aus Moskaus Sicht nicht ohne US-Unterstützung möglich sei.
Die Zeitung stützt sich auf die Aussagen mehrerer Beamter aus der US-Regierung, die aber anonym bleiben wollten, wie es heißt. Sie hätten erklärt, nichts von einer solchen Operation zu wissen. Aber die Warnung aus Moskau sei so ernst genommen worden, dass Kiew aufgefordert worden sei, solche Aktionen zu unterlassen.
Die Kiewer Führung sei bei ihren Militäroperationen gegenüber den USA als ihrem wichtigsten Unterstützer auf militärischem, nachrichtendienstlichem und diplomatischem Gebiet nicht immer transparent, so die Beamten laut NYT. Ukrainische Operationen auf russischem Gebiet hätten für Frustration auf US-Seite gesorgt, da sie « die Position der Ukraine auf dem Schlachtfeld nicht messbar verbessert haben, sondern das Risiko mit sich brachten, europäische Verbündete zu verprellen und den Krieg auszuweiten».
Die Zeitung nennt als Beispiele den Angriff auf einen russischen Luftwaffenstützpunkt auf der Krim im August 2022, den LKW-Bombenanschlag auf die Krim-Brücke im Oktober 2022 sowie die Drohnenangriffe tief auf russischem Territorium. Die US-Regierung habe eine Beteiligung daran dementiert, aber Moskau beharre darauf, dass diese Angriffe nicht ohne US-Hilfe möglich seien.
Die zitierten Regierungsbeamten haben dem Blatt gegenüber keine genauen Angaben zur jüngsten russischen Warnung gemacht, aber «es sei nichts passiert, noch nicht». Sie hätten allerdings betont, dass der Dialog zwischen den Gegnern notwendig sei.
Das Telefonat wurde von russischer wie von US-Seite offiziell bestätigt. Die Sprecherin des US-Kriegsministeriums Pentagon Sabrina Singh habe «die Wichtigkeit der Aufrechterhaltung der Kommunikationslinien inmitten des anhaltenden Krieges Russlands gegen die Ukraine» betont, so die NYT. Aus Moskau sei mitgeteilt worden, dass «die Frage der Verhinderung von Sicherheitsbedrohungen und der Verringerung des Risikos einer möglichen Eskalation diskutiert wurde».
Die Zeitung schreibt:
«Der seltene Blick hinter die Kulissen eines sensiblen Gesprächs zwischen den Verteidigungsministern zeigt, wie viel mehr hinter privaten Gesprächen zwischen amerikanischen und russischen Beamten steckt, als an die Öffentlichkeit dringt. Und wie die Vereinigten Staaten und Russland versuchen, Eskalationsrisiken hinter den Kulissen zu managen.»
Belousow und Austin hätten ihre Ansichten über die Situation in der Ukraine ausgestauscht, heißt es weiter. Dabei sei von russischer Seite vor einer weiteren Eskalation gewarnt worden, wenn die USA fortgesetzt Waffen an Kiew liefern.
Austin soll dagegen vor russischen Angriffen auf US-Truppen in Europa gewarnt haben. Laut NYT hat die US-Regierung aber «keine konkreten Erkenntnisse über mögliche russische Angriffe auf US-amerikanische Stützpunkte». Ein solcher würde zu einer «erhebliche Eskalation» des Krieges in der Ukraine führen.
Die Zeitung erinnerte an die Telefonate zwischen Austin und Belousow-Vorgänger Sergej Schoigu am 21. und 23. Oktober 2022 – das erste auf Wunsch der US-Amerikaner, das zweite auf Wunsch der Russen. Beim zweiten habe der US-Minister «den Wert einer fortgesetzten Kommunikation inmitten des ungesetzlichen und ungerechtfertigten Krieges Russlands gegen die Ukraine» betont.
Bei diesen Gesprächen 2022 sei es auch um damalige Informationen gegangen, wonach russische Militärs den Einsatz taktischer Atomwaffen in der Ukraine diskutiert hätten. Die Telefonate hätten geholfen, eine mögliche Eskalation zu verhindern, so das Blatt.
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