«Razzia gegen Inside Paradeplatz. (...) Vor rund 30 Jahren stürmte die damalige Bundesanwaltschafts-Chefin Carla Del Ponte die SonntagsZeitung. Seither ist kein größerer Fall mit einer Razzia gegen ein Schweizer Medium bekannt.»
Lukas Hässig, Journalist und Herausgeber der Schweizer Finanzplattform Inside Paradeplatz
Liebe Leserinnen und Leser
Ich kenne den Schweizer Finanzjournalisten Lukas Hässig aus zwei Blickwinkeln: einerseits bin ich treuer Leser seiner Finanzplattform (sie ist in der Schweizer Finanzszene praktisch Pflichtlektüre), andererseits hatte ich als Kommunikationsverantwortlicher mehrerer Finanzinstitute mit ihm zu tun.
Zu sagen, dass Hässig bei den Bank-Managern unbeliebt ist, käme einer krassen Untertreibung gleich. Er ist der bestgehasste Journalist. Und das ist eine Auszeichnung.
Die meisten Wirtschaftsjournalisten sind links und gegenüber dem Finanzsektor voreingenommen. Gleichzeitig sind sie mäßig kompetent. Die großen Skandale graben sie meist nicht aus, und die großen Storys reißen sie nicht. Manchmal erhalten sie aus Indiskretionen sogenannte «Papers», die dann zum Beispiel «Panama Papers» oder «Paradise Papers» genannt werden – wirklich Skandalöses stand darin nicht, und nachhaltige Wirkung hatte das nicht.
Es gibt Ausnahmen: Der Wirtschafts- und Finanzteil der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) wird durchgängig von kompetenten Journalisten im wirtschaftsliberalen Geist bestritten. Dann gibt es Arthur Rutishauser, der öfters einen Scoop landet, sich aber in der Coronazeit üble Unterzüge geleistet hat.
Und dann Lukas Hässig, der als Unternehmer im Alleingang Inside Paradeplatz betreibt. Hässig hat in der Coronazeit seine Plattform in äußerst mutiger Art und Weise coronakritischen Kreise zur Verfügung gestellt - und damit eine sehr große Reichweite (auch bei Entscheidungsträgern) erreicht.
Er hat ein riesiges Beziehungsnetz in die Schweizer Finanzszene und erhält Indiskretionen. Denen geht er dann nach. Manchmal «verhäbt» die Story, manchmal nicht. Und mehrmals kamen Skandale ans Licht.
Der wohl wichtigste sind die Enthüllungen rund um den ehemaligen Raiffeisen-Chef Pierin Vincenz und seinen Kompagnon Beat Stocker, die vor Gericht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt wurden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, es gilt die Unschuldsvermutung. Aber ohne Hässig wäre Vincenz wohl noch in Amt und Würde.
Nun beantragte Beat Stocker vom Gericht Zwangsmaßnahmen, woraufhin die Staatsanwaltschaft das Büro und die Wohnung von Hässig durchsuchte und Akten beschlagnahmte. Ich habe hier darüber berichtet. Auf welcher Rechtsgrundlage?
Seit dem 1. Juli 2015 gilt eine verschärfte Fassung des Bankgeheimnis-Strafartikels. Demnach können auch Dritte – darunter Journalisten – strafrechtlich belangt werden, wenn sie Bankgeheimnisse offenlegen, selbst wenn sie nicht für eine Bank arbeiten.
Diese Ausweitung war im Parlament kontrovers diskutiert worden. Dabei wurde betont, dass in solchen Fällen eine Interessenabwägung entscheidend sei: Rechtfertigt das öffentliche Interesse die Veröffentlichung geheimer Informationen?
Konkret stellte sich die Frage, ob Enthüllungen wie im Fall Vincenz und Stocker für die Gesellschaft so relevant waren, dass sie trotz gesetzlichem Verbot publiziert werden durften. Nun, wenn nicht dieser Skandal die Veröffentlichung geheimer Informationen rechtfertigt, dann welcher?
Stocker weiß wohl genau, dass er damit vor Gericht nicht durchdringt. Es geht ihm wohl vor allem darum, Hässig mürbe zu machen, in Gerichts- und Anwaltskosten zu stürzen und ihn langfristig mundtot zu kriegen.
Das haben schon andere probiert – allen voran die Credit Suisse, die Hässig für alles und jedes verklagte. Ohne Erfolg, aber mit großen Kosten für den Journalisten. Die CS gibt es nicht mehr, aber Hässig schreibt nach wie vor.
Als Kommunikationsverantwortlicher hatte ich mehrmals mit Hässig zu tun. Er ist ein integrer Journalist, der die Regeln genau kennt und einhält. Den Bankmanagern ist aber nicht immer klar, dass in der Schweizer Pressefreiheit herrscht und Hässig seine Artikel schreiben darf, wie er will, solange er keine Gesetze verletzt.
Ich ziehe meinen Hut vor Lukas Hässig, wünsche ihm Kraft für das anstehende Strafverfahren und dass er uns noch möglichst lange erhalten bleibt!
Bleiben Sie uns, geneigte Leserin, geneigter Leser, gewogen!
Daniel Funk
***********************
Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
