Am Donnerstag, 12. Juni, hat das 71. Treffen des Bilderberg-Clubs begonnen. Die Mächtigen der Welt werden sich vier Tage lang in Schweden hinter verschlossenen Türen über Fragen der Weltpolitik austauschen. Das Grand Hôtel im Zentrum von Stockholm, das dem Milliardär Jacob Wallenberg gehört, wurde für diese Veranstaltung weiträumig abgeschottet.
Seit 1954 treffen sich etwa 130 hochkarätige Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien, Hochschulen und Hochadel aus Europa und den USA, um sich über aktuelle Themen auszutauschen. Auch hochrangige Vertreter des Militärs und der Geheimdienste sind normalerweise vertreten. Letztere fehlen dieses Jahr allerdings.
Die «Bilderberger» behaupten, diese Konferenzen hätten «rein informellen Charakter». Kritische Beobachter sind jedoch der Meinung, dass bei diesen Anlässen die Weichen für unsere Zukunft gestellt werden.
Transparenz? Fehlanzeige! Seit Jahren wird die Gruppe für ihre Geheimhaltung und fehlende öffentliche Rechenschaftspflicht kritisiert. Zwar werden mittlerweile Teilnehmerlisten und allgemeine Tagesordnungspunkte veröffentlicht, doch die eigentlichen Diskussionen bleiben im Verborgenen. Keine offiziellen Erklärungen, keine Resolutionen, keine öffentlichen Protokolle.
Die Teilnehmer der Bilderberg-Konferenzen müssen sich an die «Chatham-Haus-Regel» halten, was bedeutet, dass sie die Informationen, die sie erhalten, frei verwenden können, aber die Identität oder Zugehörigkeit der Redner nicht preisgeben dürfen. In der Regel kommen deshalb nur wenige Details über die Konferenzen ans Licht.
Die Tagesordnung in Stockholm ist vollgepackt mit brisanten Themen. Die transatlantischen Beziehungen, die Ukraine, die US-Wirtschaft und die Zukunft Europas stehen zur Debatte. Auch der Nahe Osten, die «autoritäre Achse» und Innovationen im Verteidigungsbereich werden zur Sprache kommen. Drei Themen stechen jedoch besonders hervor: die Rolle der künstlichen Intelligenz für die nationale Sicherheit, die Geopolitik in Bezug auf Energie und kritische Mineralien – und Entvölkerung und Migration.
Zu den diesjährigen Teilnehmern gehören unter anderem der König der Niederlande, der Generalsekretär der NATO, Mark Rutte, der Befehlshaber der US-Armee Europa und Afrika, Christopher Donahue, und Samuel Paparo, zuständig für das US-Kommando Indo-Pazifik. Auch die Vizepräsidentin des EU-Parlaments Sophie Wilmès und der griechische Präsident Kyriakos Mitsotakis sind mit dabei, ebenso wie der ehemalige NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, der jetzt norwegischer Finanzminister ist.
Big Tech ist vertreten durch Microsoft-CEO Satya Nadella, Mustafa Suleyman, CEO der KI-Abteilung von Microsoft, Alex Karp von Palantir und dem Mitbegründer von Palantir, Investor Peter Thiel, der momentan eine wichtige Rolle bei Donald Trumps Plänen spielt, den Aufbau eines techno-autoritären Überwachungsapparats voranzutreiben (wir berichteten).
Nicht fehlen dürfen natürlich Albert Bourla, Vorsitzender von Pfizer, Børge Brende, derzeitiger Präsident des WEF, oder die ehemalige finnische Regierungschefin Sanna Marin, die jetzt strategische Beraterin im Tony Blair Institute for Global Change ist.
Von deutscher Seite ist Vizekanzler und Finanzminister Lars Klingbeil anwesend, begleitet wird er von der Präsidentin des Bundestages, Julia Klöckner, und der Ministerin für Wirtschaft und Energie, Katharina Reiche.
Pressevertreter werden bekanntlich nur in homöopathischen Dosen zugelassen, aber wie immer stehen auf der Liste alte Bekannte wie Mathias Döpfner vom Springer-Verlag, John Micklethwait, Chefredakteur von Bloomberg, oder Zanny Minton Beddoes, Chefredakteurin von The Economist. Auch Anne Applebaum, Redakteurin von The Atlantic, Thomas L. Friedman, Kolumnist für auswärtige Angelegenheiten der New York Times, CNN-Moderator Fareed Zakaria oder Gideon Rachman, Chefkommentator für auswärtige Angelegenheiten der Financial Times, dürfen mitdiskutieren.
Auch das diesjährige Event birgt wieder Potenzial für «Verschwörungstheorien». Dan Dicks von Press For Truth, der die Aktivitäten der Bilderberger seit vielen Jahren kritisch verfolgt und vor Ort ist, hat in einem Video über ein auffälliges Detail berichtet: Die schwedische Großloge der Freimaurerei befindet sich direkt neben dem Hotel, in dem die elitären Gäste abgestiegen sind. Diese örtliche Nähe zum Tagungsort der Bilderberger werfe Fragen über tiefere Verbindungen zwischen der globalen Finanzwelt und geheimen Organisationen auf, findet Dicks.
Screenshot: Fotomontage auf X-Account von Dan Dicks
Vorwürfe, eine Weltregierung anzustreben, weisen die Mitglieder der Bilderberg-Gruppe üblicherweise zurück. Doch der bereits verstorbene US-amerikanische Jurist und Diplomat George Ball, der unter anderem Unterstaatssekretär für wirtschaftliche Angelegenheiten unter John F. Kennedy und Lyndon Johnson war, definierte die wahren Ziele der Bilderberg-Treffen bereits bei einer Konferenz in Kanada im Jahr 1968 (wir berichteten).
Diesbezüglich schrieb der Investigativ-Journalist Daniel Estulin in seinem Buch «The True Story of The Bilderberg Group»:
«Im Wesentlichen präsentierte Ball einen Überblick über die Vorteile einer neokolonialen Weltwirtschaftsordnung, die auf dem Konzept einer Weltfirma basiert, und er beschrieb einige der Hindernisse, die für ihren Erfolg beseitigt werden müssen. Das erste und wichtigste Hindernis, das beseitigt werden müsse, sei laut Ball die archaische politische Struktur des Nationalstaates.»
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