Um es vorweg klarzumachen: Ob jemand heterosexuell veranlagt ist oder lesbisch, schwul, bisexuell oder transgender, sollte für die Beurteilung eines Menschen überhaupt keine Rolle spielen. Letztlich sollte nur der Charakter zählen. Und allen sollte es möglich gemacht werden, auf eine ganz individuelle Weise ihr Glück zu finden – und zwar so, dass idealerweise alle bestens miteinander auskommen. Hier sollte es dann aber auch möglich sein, sich zu allen sexuellen Orientierungen und den Rahmenbedingungen, die das Miteinander definieren, wohlwollend, aber auch kritisch zu äußern – natürlich stets auf eine sachliche und faktisch basierte Art und Weise.
Im Zusammenhang mit dem Thema «Transgender» – bei dem es darum geht, dass jemand die ihm oder ihr aufgrund seines biologischen Geschlechts zugewiesene Geschlechtsrolle nicht akzeptiert – sorgte das Hickhack bei den 2024er Olympischen Spielen um die Boxer(innen) Imane Khelif aus Algerien und Lin Yu-Ting aus Taiwan für weltweites Aufsehen und hitzige Debatten (TN berichtete etwa hier darüber).
Beide waren bei den IBA-Boxweltmeisterschaften der Frauen 2023 in Neu Delhi «nach ihrer Zustimmung» vor ihren ersten Kämpfen erneut getestet worden – und die Befunde waren absolut identisch mit den Testergebnissen aus dem Jahr 2022. Dabei wurde die Definition «Mann/männlich/Junge = Individuum mit XY-Chromosomen» angelegt. Als Folge davon informierte der damalige Generalsekretär und CEO der IBA, George Yerolimpos, sowohl Khelif als auch Lin über ihren Ausschluss von den Fauenkämpfen, da sie die Zulassungskriterien nicht erfüllt hatten.
Laut IBA «wurden Khelif und Lin über die Entscheidung informiert und erkannten sie durch ihre Unterschrift an».
«ICO-Chef Bach 2024: Mit Khelif und Yu-Ting nahmen zwei Frauen an den Frauenboxwettbewerben teil»
Dennoch konnten beide bei den Olympischen Spielen bei den Frauenwettkämpfen starten. Und tatächlich gewannen beide dort in ihrer Gewichtsklasse schließlich eine Goldmedaille. Thomas Bach, Präsident des Olympischen Komitees (IOC), sagte dazu Anfang August 2024: «Was wäre die Alternative gewesen? Zwei Frauen von der Teilnahme an einem Frauenwettkampf auszuschließen, weil man ihnen etwas völlig Unglaubliches vorwirft?»
Sogar Multimilliardär Elon Musk sah sich veranlasst, sich dazu zu äußern, und teilte auf seiner Social-Media-Plattform X einen Beitrag der Schwimmerin Riley Gaines. Deren X-Post vom 1. August 2024 zielte auf Khelif ab und war mit einem Bild der italienischen Boxerin Angela Carini und dem Satz «Männer gehören nicht in den Frauensport» versehen. Carini war bei Olympia 2024 gegen Khelif angetreten und hatte nach einem Schlag ihrer Kontrahentin das Match nach 46 Sekunden aufgegeben.
Am 14. August schrieb Gaines auf X:
«Da J. K. Rowling und Elon Musk von Imane Khelif verklagt werden, möchte ich die Gelegenheit nutzen, um Sie daran zu erinnern, dass Frauen kein Y-Chromosom haben.»
Spiegel & Co. ignorieren den Umstand, dass nur Männer XY-Chromosomensatz haben
Doch in der medialen Debatte gerieten derlei Stimmen ziemlich ins Abseits. Der Spiegel etwa brachte am 5. August 2024 einen Beitrag, dessen Titel schon eine ganz klare Meinung transportierte: «‹Das verletzt die Menschenwürde›: Boxerin Khelif fordert Ende der Genderdebatte.» Und im Vorspann wird die Richtung beibehalten:
«Die algerische Boxerin Imane Khelif hat sich zu der Diskussion geäußert, die bei den Olympischen Spielen um sie entbrannt ist. Die Art von Mobbing könne ‹Menschen zerstören›»
Zwei Tage später durfte man bei der Welt die Schlagzeile «Algeriens Präsident lobt umstrittene Boxerin Khelif» lesen. Dazu schreibt das Medium im Lead: «Von höchster politischer Ebene erhält Boxerin Imane Khelif Unterstützung. Sie habe die algerischen Frauen geehrt, schrieb Algeriens Präsident Abdelmadjid Tebboune auf X.»
Doch so bedauerlich es war und ist, dass sich Khelif bedrängt und «gemobbt» fühlt(e), so sehr war die Faktenlage eigentlich von Beginn an klar: Khelif und auch Lin Yu-Ting in einem Frauenwettbewerb antreten zu lassen, war ungerechtfertigt.
Auch Krankenakte von Khelif zeigt, dass «sie» ein Mann ist
So waren Anfang November weitere harte Belege dafür aufgetaucht, dass Khelif als männlich einzustufen ist. Sogar der Bild war dies am 5. November einen Artikel wert (TN berichtete). Das Blatt schreibt:
«Das französischsprachige Recherchemagazin Le Correspondant nennt Details aus der Krankenakte von Khelif mit zwei medizinischen Gutachten aus dem Jahr 2023. Bei den Untersuchungen sei festgestellt worden, dass Khelif weder Eierstöcke noch eine Gebärmutter habe – dafür aber innenliegende Hoden, eine penisähnliche Klitoris und eine deformierte Vagina. Außerdem in dem Bericht: Die Eltern von Khelif seien möglicherweise blutsverwandt.»
Und die Bild schließt mit folgenden Worten:
«Le Correspondant, dem die Unterlagen vorliegen, kommt zu dem Schluss: Khelif ist ein Mann, der in der Hülle einer Frau lebt.»
Kurz zuvor, am 23. November, hatte das Boulevardblatt noch einen Artikel mit der Headline «‹Männliche› Boxerin auf dem Roten Teppich» gebracht. In dem Beitrag macht sich das Medium im Grunde gemein mit der Ansicht von Khelif. So heißt es darin, es sei «behauptet» worden, «dass sie ein Mann sei», und bei dem von der IBA 2023 durchgeführten Geschlechtstest sei «angeblich» festgestellt worden, «dass sie sowohl ein X- als auch ein Y-Chromosom hat – normalerweise nur bei Männern üblich». Dem fügt die Bild folgendes Zitat von Khelif hinzu:
«Die gesamte Welt war gegen mich und hatte eine bösartige Kampagne gegen mich gestartet. Meine Antwort ist die Goldmedaille. Ich bin eine starke Frau, eine Frau mit besonderer Kraft ... Ich bin eine Frau wie jede andere auch. Ich bin als Frau geboren, war immer eine und habe nur gegen Frauen gekämpft.»
Dass Khelif und auch Yu-Ting «als Frauen geboren wurden», das behauptete auch das IOC-Presseteam noch am 28. Oktober in einer E-Mail an Transition News. Transition News stellte dazu folgende Frage:
«Wie passt der Umstand, dass die Boxer(innen) Imane Khelif und Lin Yu-Ting mit einem XY-Chromosomen ausgestattet sind, mit Ihrer Aussage zusammen, dass sie ‹als Frauen geboren wurden›?»
Doch anstatt diese Frage konkret zu beantworten, schrieb das IOC lediglich zurück:
«Vielen Dank für Ihre E-Mail. Wir haben zur bereits gegebenen Antwort nichts weiter hinzuzufügen.»
Auf eine weitere Nachfrage wurde gar nicht mehr geantwortet. Das dürfte wohl damit zusammenhängen, dass niemand auf der Welt bestreiten kann, dass eine Person, die ein XY-Chromosomensatz hat, als männlich einzustufen ist.
J. K. Rowling: Enthüllung von 3 Wire Sports ««ist ein Sieg für die Frauen, weil sie im Ring nicht von Männern zu Tode geprügelt werden»
Das verkennt auch der neue vom IOC anerkannte Boxverband «World Boxing» offenbar nicht, hat er doch jetzt verpflichtende Geschlechtertests eingeführt, wie die Bild am 30. Mai berichtete. «Daher», so das Medium, «darf die ‹männliche› Boxerin Imane Khelif zunächst nicht mehr starten. In einem Statement heißt es: ‹Die Einführung der Tests ist Teil einer neuen Richtlinie zu Geschlecht, Alter und Gewicht, um die Sicherheit aller Teilnehmer zu gewährleisten und gleiche Wettbewerbsbedingungen für Männer und Frauen zu schaffen.›»
Die Bekanntmachung von World Boxing, dass Boxerinnen einen obligatorischen Geschlechtstest absolvieren müssen, um an Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen, erfolgte im Übrigen nur wenige Tage nachdem ein zweiter aufsehenerregender Bericht Licht auf das wahre Geschlecht der algerischen Boxerin gebracht hatte. So wurden in einem am 1. Juni veröffentlichten Artikel von Alan Abrahamson von 3 Wire Sports die nun durchgesickerten medizinischen Unterlagen von Khelifs Tests, die 2022 und 2023 im Vorfeld der Olympischen Spiele in Paris durchgeführt wurden, öffentlich gemacht. Dazu schrieb Abrahamson:
«Sofern niemand die Beweise manipuliert, wird das Ergebnis glasklar sein, ein Déjà-vu von vorne, denn bei Chromosomentests, die im Rahmen der Weltmeisterschaften 2022 und 2023 der International Boxing Association durchgeführt wurden, zeigte die DNA des Boxers XY-Markierungen mit ‹männlichen› Karyotypen [= Gesamtheit der Chromosomen].»
Abrahamson wies weiter darauf hin, dass das IOC davon wusste, Khelif aber dennoch die Teilnahme erlaubte. Der Bericht, der Screenshots der Laborergebnisse enthält, zeigt, dass die Tests von Lal PathLabs am Zentrum für Reproduktionsdiagnostik des Dharamshila Hospital and Research Centre im indischen Delhi durchgeführt wurden. Das Labor ist von US- und schweizerischen Organisationen akkreditiert und zertifiziert. Dazu schreibt si.com:
«Angesichts des neuen Mandats von World Boxing und des brisanten Berichts von Abrahamson – der, sollte er authentisch sein, beweisen würde, dass Imane Khelif biologisch männlich ist – ist die Online-Diskussion über das kontroverse Thema entbrannt. Und nun sagen viele entschiedene Gegner von Khelifs Behauptung, weiblich zu sein: ‹Ich hab’s ja gesagt.›
Einer dieser Gegner ist der freimütige Piers Morgan, der heute Morgen twitterte: ‹Die Biologie-leugnende, aufgeweckte Brigade hat mich beschimpft und an den Pranger gestellt, weil ich sagte, es sei ungeheuerlich und gefährlich, dass Khelif Frauen bei den Olympischen Spielen verprügelt. Ich bin auf ihre Entschuldigung vorbereitet, aber ich werde nicht den Atem anhalten.›»
Die Harry-Potter-Erschafferin J. K. Rowling kommentierte dazu auf X:
«Es ist ein Sieg für die Frauen, weil sie im Ring nicht von Männern zu Tode geprügelt werden.
Wenn du wüsstest, welche körperlichen Tests Frauen in ihrem Leben regelmäßig über sich ergehen lassen, wüsstest du, dass ein Wangenabstrich nicht mehr bedeutet als Zahnseide.
Noch mehr schwachsinnige Fragen? Stell sie mir.»
Gestützt wird diese Ansicht auch von einem im Oktober 2024 erschienenen UN-Report, der aufzeigte, dass das Eindringen von Transgender-Sportlern in die Frauensphäre ein gravierendes Problem darstellt und für extreme Ungerechtigkeit sorgt (TN berichtete).
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