Hoffnung und Angst sind die gegensätzlichen Gefühle, die in Syrien nach dem Sturz von Bashar al-Assad herrschen. Viele fürchten, dass unter den neuen arabisch-sunnitischen Machthabern der Haiʾat Tahrir asch-Scham (HTS) die Rechte anderer Volksgruppen und religiöser Minderheiten eingeschränkt werden könnten, trotz gegenteiliger Versprechen des Anführers der HTS, Ahmad al-Sharaa, auch bekannt als Abu Mohammad al-Julani. Zu diesen Minderheiten gehören auch Christen.
Am 23. und am 24. Dezember demonstrierten nun Christen in Syrien an mehreren Orten für ihre Rechte. Wie The Cradle berichtet, trugen sie in der Hautstadt Damaskus Holzkreuze und die neue syrische Flagge und marschierten zum Sitz des griechisch-orthodoxen Patriarchats im Stadtteil Bab al-Sharqi.
Auslöser der Proteste war der auf einem Video festgehaltene Brand eines großen Weihnachtsbaumes in Suqaylabiyah, einem christlichen Viertel von Hama. Der Baum wurde laut The Cradle am Montag von ausländischen Kämpfern, die unter dem Kommando der HTS stehen, angezündet. Einigen Berichten zufolge stammen die Kämpfer aus Tschetschenien, während andere behaupteten, es handle sich um usbekische Kämpfer.
Die HTS entsandte gemäß dem Portal einen Militärbeamten an den Brandort, der den Vorfall verurteilte und die Bestrafung der Verantwortlichen ankündigte. Er erklärte:
«Diese Tat wurde von Menschen begangen, die keine Syrer sind, und sie werden bestraft werden, wie Sie es sich nicht vorstellen können. Der Weihnachtsbaum wird bis heute Abend vollständig wiederhergestellt sein.»
Die HTS habe sich wiederholt für mehrere «isolierte» Vorfälle dieser Art entschuldigt, sie verurteilt und den Schutz aller Minderheiten und ihrer Rechte zugesichert, so The Cradle.
In der vergangenen Woche hätten Kämpfer auf die griechisch-orthodoxe Erzdiözese in der Stadt Hama geschossen und sie angegriffen. Dabei seien Statuen zerstört und Gräber geschändet worden. Die HTS habe sich für den Vorfall entschuldigt. Es sei auch von Exekutionen von Alawiten und ehemaligen Soldaten der syrischen Armee berichtet worden.
The Cradle erinnert daran, dass die HTS unter ihrem früheren Namen, der Nusra-Front – dem Al-Qaida-Ableger in Syrien – für zahlreiche Kriegsverbrechen und Gräueltaten gegen Minderheiten verantwortlich war, darunter die Hinrichtung von Alawiten und Angehörigen anderer Sekten sowie die Entführung von Nonnen. Sharaa selbst war Mitglied des Islamischen Staates Irak (ISI), der nach seiner Rückkehr aus Syrien in das irakische Hoheitsgebiet im Jahr 2013 zum ISIS wurde. Die Nusra-Front wurde 2012 gegründet und nahm in den darauffolgenden Jahren andere Namen an, bis sie 2017 in HTS umbenannt wurde.
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