Der Anwalt und Corona-Ausschuss-Gründer Reiner Fuellmich sitzt seit Oktober 2023 in U-Haft. Ihm wird unter anderem vorgeworfen, 700.000 Euro veruntreut zu haben, die ihm in Form von zwei Darlehen – mit Beträgen über 500.000 und 200.000 Euro und stammend vom Corona-Ausschuss – zugeflossen sind.
In einem am 30. Januar veröffentlichten Interview mit Transition News meinte Fuellmich: «Der Anklagevorwurf ist eine Fata Morgana und würde zusammenbrechen, wenn Viviane Fischer gehört würde.» Das Ganze sei ein «Schauprozess», so der 66-Jährige. Dahinter steckten die drei Anwälte Justus Hoffmann, Marcel Templin und Antonia Fischer, die vom Verfassungsschutz «unterwandert wurden» und dann «selbst zu V-Leuten geworden sind».
Doch Viviane Fischer wurde nicht mehr ausgiebig gehört – und auch Fuellmichs Vorwürfen gegen die Anwälte Hoffmann, Templin und Antonia Fischer ging das Gericht nicht nur nicht nach, auch tat es sie sogar als «lächerlich» ab, wie Fuellmichs Anwältin Katja Wörmer im Interview mit Transition News moniert. Darin kritisiert sie auch das gegen Fuellmich vergangenen Donnerstag ergangene Urteil grundlegend, dem zufolge er eine Gefängnisstrafe von drei Jahren und neun Monaten verbüßen soll. Man werde auf jeden Fall in Revision gehen. Zudem stehe ein zweites Verfahren vor dem Landgericht bevor, wie sie meint.
Transition News: Am vergangenen Donnerstagabend hat das Landgericht Göttingen den Anwalt und Corona-Ausschuss-Gründer Reiner Fuellmich wegen Veruntreuung von rund 700.000 Euro zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt. Was macht dieses Urteil mit ihm und auch mit dir?
Katja Wörmer: Die Staatsanwaltschaft hatte im Sommer genau drei Jahre und neun Monate unter Aufrechterhaltung des Haftbefehls gefordert, und zwar in einem zehnminütigen Plädoyer, in dem die Beweisaufnahme insgesamt überhaupt nicht erwähnt oder gewürdigt wurde. Und genau dieser Forderung hat das Gericht mit seinem Urteil entsprochen. Das ist sehr, sehr ungewöhnlich, denn Gerichte bleiben in der Regel deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft.
Und wie seht ihr es persönlich?
Das Urteil ist ernüchternd, aber war auch irgendwie erwartbar. Die Kammer hatte wiederholt während des gesamten Prozessverlaufes immer wieder klargemacht, dass sie Reiner für schuldig hielt und in den zahlreichen Haftfortdauerentscheidungen, die auf die von uns eingelegten Haftprüfungsanträge ergingen, betont, dass den Angeklagten eine empfindliche Haftstrafe erwarten würde und nach der – damals vorläufigen – Einschätzung der Kammer eine Untreue in zwei Fällen gegeben wäre. In der mündlichen Urteilsbegründung sprach die Kammer nun von «zwei schweren Fällen der Untreue».
Das Gericht entschied zudem, fünf Monate der abgesessenen Untersuchungshaft nicht auf die verhängte Haftstrafe anzurechnen. Wie ordnet ihr das ein – zumal in § 51 Abs. 1 StGB geregelt ist, dass die Zeit in U-Haft auf die zu verbüßende Freiheitsstrafe angerechnet wird?
Die Kammer bestraft mit der Nichtanrechnung von immerhin fünf Monaten der Untersuchungshaft nun im Endeffekt unsere Verteidigungsarbeit. In der mündlichen Urteilsbegründung betonte der Vorsitzende, dass der Verteidigung und dem Angeklagten bereits seit dem 24. Januar 2024 klar gewesen sein müsste, wie die Kammer den Strafvorwurf rechtlich einschätzen würde. Die Hauptverhandlung wurde jedoch erst am 2. Februar 2024 eröffnet. Folgt man daher diesen Worten des Vorsitzenden, wäre die gesamte Hauptverhandlung einschließlich der Beweisaufnahme überflüssig gewesen, und Reiner Fuellmich hätte direkt im rein schriftlichen Verfahren verurteilt werden können.
Dennoch habt ihr alles daran gesetzt, die Unschuld von Fuellmich darzulegen, etwa indem ihr umfangreich Beweisanträge gestellt habt.
Die Kammer ist der Auffassung, dass die Beweisaufnahme spätestens seit dem 2. Mai 2024 mit Erlass des damaligen rechtlichen Hinweises abgeschlossen war und daher auch von Amts wegen beendet wurde. Sämtliche Beweisanträge, welche die Verteidigung zeitlich danach stellte, wurden demnach auch – zunächst mit Begründung – abgelehnt. Die Kammer ließ lediglich die Befragung einiger Zeugen zusätzlich zu, welche die Verteidigung im Namen des Angeklagten im sogenannten Selbstladeverfahren geladen hatte. Diese Befragungen durfte nach spezieller Zulassung durch die Kammer jedoch auch nur sehr eingeschränkt und zu stark begrenzten Fragestellungen durchgeführt werden.
Und wieso fruchtete das nicht?
Insgesamt beurteilte die Kammer die Verteidigungsarbeit, die nach dem 2. Mai 2024 durch die Verteidiger und den Angeklagten selbst stattgefunden hatte, nicht als sachdienlich, sondern als rechtsmissbräuchlich. Der Vorsitzende äußerte in der mündlichen Urteilsbegründung, man hätte sich schon zum damaligen Zeitpunkt auf die nächste Instanz verweisen lassen müssen, das heißt auf die Einlegung der Revision beim BGH. Und sie hätte die Verteidigungsarbeit im Verfahren vor dem Landgericht Göttingen aufgeben sollen. Insbesondere der Angeklagte habe die danach folgende Beweisaufnahme nach Ansicht der Kammer nicht dazu genutzt, um diese positiv von seiner Unschuld zu überzeugen, sondern er habe den Gerichtsprozess und die U-Haft angeblich als politische Bühne genutzt, um sich selbst darzustellen und politische Botschaften an seine Anhängerschaft und gegenüber der Öffentlichkeit zu verbreiten.
Was sagst du dazu?
Aus Sicht der Verteidigung wird durch diese Einschätzung der Kammer die politische Färbung des Prozesses mehr als deutlich. Der Vorwurf geht zudem vor dem Hintergrund fehl, dass Reiner Fuellmich in Freiheit sehr viel bessere Chancen gehabt hätte, «seine Botschaften zu verbreiten» beziehungsweise seine Aufklärungsarbeit fortzuführen. Insbesondere vor seiner Verhaftung hatte er im Rahmen des Corona-Ausschusses, aber auch durch sein Nachfolgeformat «ICIC.law» und auch vor der Corona-Zeit als Verbraucherschutzanwalt bei der Verfolgung sogenannter «Schrottimmobilienfälle» etc. eine «breite Bühne» und war der Öffentlichkeit durch sein entsprechendes Engagement bekannt. Hierzu benötigte Reiner Fuellmich keinen Strafprozess und keine Untersuchungshaft.
Wieso aber will nun das Gericht die fünf Monate der abgesessenen U-Haft nicht auf die verhängte Haftstrafe anrechnen?
Die rechtlichen Anforderungen für die Nichtanrechnung von Zeiten der Untersuchungshaft sind sehr hoch. Man darf auf die schriftliche Urteilsbegründung gespannt sein, wie die Kammer dies so begründen möchte, dass dies revisionsfest ist.
In einem von Bittel TV am 2. Februar 2024 veröffentlichten Statement, das auf YouTube mittlerweile gelöscht, aber auf Telegram noch zu finden ist, gab sich Reiner noch sehr zuversichtlich, indem er sagte: «Die Beweisaufnahme geht weiter oder beginnt jetzt erst. Und ich bin absolut sicher, dass die Zeugen, die hier gehört werden, unsere Version der Geschichte bestätigen.» Ende 2024 betonte Reiner im Interview mit Transition News, er sitze völlig zu Unrecht in U-Haft. Der Anklagevorwurf sei eine «Fata Morgana» und das Ganze ein «Schauprozess». Wie konnte es dann zu Reiners Verurteilung kommen?
Wie bereits erwähnt, sind nicht sämtliche Zeugen der Verteidigung geladen und in der Hauptverhandlung gehört worden. Und die Beweisaufnahme wurde ja mit dem rechtlichen Hinweis der Kammer am 2. Mai 2024 abrupt abgebrochen. Die danach von der Verteidigung im Selbstladeverfahern geladenen Zeugen durften durch Zulassung seitens der Kammer nur zu sehr eingeschränkten Fragestellungen vernommen werden. Wären sämtliche Zeugen der Verteidigung ohne Beschränkungen gehört worden vor Gericht, wäre das Ergebnis des Prozesses nach unserer Ansicht anders ausgefallen, wobei natürlich nur die Erwartung nach objektiver Betrachtungsweise geäußert werden kann.
Da die Verteidigung und der Angeklagte die Kammer schon sehr früh für befangen und subjektiv voreingenommen gegenüber dem Angeklagten eingeschätzt hatten, wurden im Verlaufes des Prozesses auch zahlreiche Befangenheitsanträge gegen die Kammer und den Vorsitzenden gestellt, die jedoch leider keinen Erfolg hatten. Der letzte Befangenheitsantrag wurde noch von der Verteidigung begründet, als das Gericht bereits die Presse zur Urteilsverkündung eingeladen hat. Dies erweckt den Anschein, dass man sich über den Urteilsspruch schon sicher war, während eigentlich noch über ein Befangenheitsgesuch gegen die gesamte Strafkammer zu entscheiden gewesen wäre.
Aufgrund des Prozessverlaufes, des Verhaltens der Kammer oder auch des Abbruchs beziehungsweise der eklatanten Beschränkung des Beweisprogrammes seit Anfang Mai letzten Jahres hat dann auch Reiner mit einem entsprechenden Urteil dieser Kammer gerechnet.
Im besagten Interview mit Transition News sagte Reiner auch, «der Anklagevorwurf würde zusammenbrechen, wenn Viviane Fischer gehört würde». In einem Statement, das er im Gefängnis verfasste und das Transition News am 30. Januar veröffentlichte, wiederholte er das. War das der oder ein Knackpunkt?
Viviane Fischer wurde vor Gericht gehört, Reiner Fuellmich hatte aber zahlreiche Beweisanträge gestellt, um sie noch einmal zu hören und insbesondere zu der neuen Rechtsauffassung der Kammer zu befragen, die sie im rechtlichen Hinweis am 3. Mai 2024 geäußert hatte. So trug sie vor, dass man nun davon ausgehe, die Darlehensverträge seien lediglich zum Schein zwischen Viviane Fischer und dem Angeklagten abgeschlossen worden und man habe in Wirklichkeit eine Liquiditätsreserve vereinbaren wollen und Treuhandverträge abgeschlossen. Zu dieser neuen rechtlichen Bewertung des Gerichts wurde Viviane Fischer nicht mehr erneut befragt im Verfahren. Die Kammer hatte wohl aus der Einlassung in der Hauptverhandlung unter anderem auf diese neue rechtliche Bewertung geschlossen, erwähnte aber andererseits in ihren Beweisbeschlüssen immer wieder, dass es auf die Glaubwürdigkeit und die Aussage der Viviane Fischer für die rechtliche Bewertung gar nicht ankäme.
Viviane Fischer beharrte im Interview mit mir darauf, «dass das Geld als rasches liquides Mittel für den Fall der unberechtigten Kontopfändung ... vorgehalten werden sollte. Das war ja, was Reiner Fuellmich selbst vorgeschlagen hatte. Dieses Ziel kann mit einem Privatdarlehen, auf das man erst nach einem Jahr zugreifen kann oder das von einem Hausverkauf abhängig ist, gar nicht erreicht werden. Also, schon aus der Natur der Sache heraus konnte es sich bei dem, was wir vereinbart hatten, nur um eine ‹Liquiditätsreserve› handeln.» Ist dem so?
Es wurden ausschließlich Darlehensverträge zwischen Viviane Fischer und Reiner Fuellmich abgeschlossen, andere vertragliche Grundlagen existieren schlicht nicht. Das Gericht sah nun in zwei E-Mails von Reiner, die er Anfang November 2020 an Viviane Fischer und den Zeugen Weißenborn geschrieben hatte, eine sogenannte Nebenabrede zu den Darlehensverträgen. Aus diesen E-Mails und ein paar Chat-Nachrichten aus dem Sommer 2022 – also erst anderthalb Jahre später – schließt das Gericht nun, dass vorliegend keine Darlehensverträge abgeschlossen worden seien beziehungsweise dass diese nur zum Schein abgeschlossen worden und daher nichtig seien und stattdessen Treuhandabreden vorlägen. Dies ist aus Sicht der Verteidigung nicht haltbar.
Inwiefern?
Zum einen hatte Reiner in den E-Mails lediglich angegeben, dass das Geld zunächst auf ein privates Konto überwiesen werden sollte. Er erwähnte dort aber auch die Darlehensverträge, abgekürzt als «DV», die zeitlich erst nach Versand der E-Mail abgeschlossen wurden. Auch aus der Formulierung «von dort kann das Geld jederzeit wieder dorthin, wo es hin soll» vor Abschluss der Darlehensverträge kann keine förmliche vertragliche Nebenabrede hergeleitet werden. Chat-Nachrichten oder E-Mails können in ausgedruckter Form immer nur sogenannte Augenscheinsobjekte im Strafprozess sein. Sie stellen keine vertraglichen Urkunden dar und können vorliegend daher auch nicht zum Vertragsinhalt oder zu einem Alias bei dem erst später erfolgten Vertragsschluss umgedeutet werden. Es lagen daher stets nur Darlehensverträge vor. Ein Treuhandvertrag über eine Liquiditätsreserve wurde zu keinem Zeitpunkt abgeschlossen.
Aber ist diese Rechtsansicht allgemeingültig
Dies ist die Rechtsansicht der Verteidigung, die sich im Tatsächlichen wiederfindet, denn auch der Angeklagte hat allein über den Abschluss von Darlehensverträgen sogar eine Eidesstattliche Versicherung abgegeben, die dem Gericht vorliegt. Den Abschluss von Treuhandverträgen hat er stets vehement bestritten. Sofern zwei Volljuristen und Rechtsanwälte eine bestimmte Vertragsform mit einem bestimmten Inhalt wählen, ist aber davon auszugehen, dass auch nur das rechtlich verbindlich vereinbart werden sollte, was zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch Vertragsinhalt wurde und im Vertrag selbst festgelegt worden ist. Private E-Mails oder Chat-Nachrichten, die zudem überhaupt nicht als Vertragsbestandteile gekennzeichnet wurden, können ohne Wissen und Wollen des Verfassers jedoch nie Vertragsbestandteil werden und auch nicht im Nachhinein- vorliegend fast zwei Jahre später- so umgedeutet werden.
Reiner sagte in diesem Interview auch, dass hinter allem letztlich die drei Anwälte Justus Hoffmann, Marcel Templin und Antonia Fischer stecken, «die vom Verfassungsschutz unterwandert wurden» und dann selbst «zu V-Leuten» geworden sind. Ziel sei es, ihn aus dem Verkehr zu ziehen. Woran ist es gescheitert, dies dem Gericht klar zu machen?
Die Kammer hat die Ausführungen und geäußerten Vermutungen hinsichtlich des Einsatzes des Verfassungsschutzes im Hintergrund als lächerlich abgetan und moniert, dass hierfür angeblich keine Beweise vorlägen. Eine Beeinflussung durch Dienste der Richter hatte die Kammer in der mündlichen Urteilsbegründung und in einer Entscheidung des Vorsitzenden vom Vortag nicht nur zurückgewiesen und vehement bestritten, sondern sogar als ehrenrührige Unterstellung gewertet.
Eine Involvierung der Dienste beziehungsweise des Verfassungsschutzes sah Reiner in seiner Äußerung Transition News gegenüber aber als bereits bewiesen an, zum einen wegen zahlreicher Begrifflichkeiten, die in der Akte selbst verwendet wurden. So wurde wiederholt ein «Corona-Bezug» erwähnt, obwohl es sich um ein reines Wirtschaftsdelikt handeln sollte. In Auswerteberichten fand sich immer wieder der Hinweis «staatsschutzrelevant», und Reiner Fuellmich wurde als der Querdenkerszene zugehörig bezeichnet. Auch wurden seine politischen Aktivitäten als zeitweiliger Vorsitzender der Partei dieBasis erwähnt. Das sind allesamt Erwähnungen, die bei einem reinen Wirtschaftsdelikt irrelevant und deplatziert wären.
Zudem hatte der Kollege Christof Miseré ein sogenanntes Dossier eines der Dienste auszugsweise im Prozess vorgelegt, das ihm von einem Whistleblower zugespielt worden sei. Eine Quelle konnte er hierfür selbstverständlich nicht nennen, sondern er konnte nur anonyme Hinweise geben, um die Identität des Whistleblowers zu schützen. In derartigen Fällen ist ein harter Beweis vor Gericht – wie der Sache immanent – nicht zu führen. Das Gericht hat das Dossier daher als nicht existent und lächerlich abgetan, da dessen Existenz nicht erwiesen und nicht nachweisbar sei. Die deutlichen politischen Hinweise durch die erwähnten Begrifflichkeiten in der Akte hat das Gericht nicht zur Kenntnis genommen und einfach ignoriert.
Was Templin angeht, so sagte sogar Viviane Fischer im Interview mit Transition News, sie vermute, «dass Reiner Fuellmich .. einen Anspruch aus Bereicherungsrecht haben dürfte, weil Marcel Templin etwas genommen hat, was er zwar nehmen konnte, aber nicht behalten durfte». Wieso sitzt Templin dann immer noch auf den mehr als 1 Million Euro?
Templin hat den Betrag von 1,15 Millionen Euro aus dem Verkauf der Immobilie von Reiner im Herbst 2022 erlangt. Von dem Verkaufspreis sollte das Darlehen in Höhe von 700.000 Euro an den Ausschuss zurückgezahlt werden. Templin hatte ehemals die organisatorische Verwaltung der Mandate für die Sammelklage übernommen. Das hatte wohlgemerkt nichts mit dem Corona-Ausschuss zu tun. Und Reiner hatte damals von den Vorschusszahlungen der Sammelkläger keine Abrechnung von Rechtsanwaltsgebühren gemacht, sondern zunächst nur ein Darlehen über 600.000 € genommen. Die Sammelkläger sind dann im Sommer 2022 fast überwiegend zur Kanzlei Fuellmich direkt gewechselt, weil sie mit der – rein organisatorischen – Betreuung durch Templin offenbar nicht mehr zufrieden waren. Es gab auch einen Datenschutzvorfall im Frühjahr 2022 dort. Da das Darlehen nicht von Templin persönlich ausgegeben worden war, sondern von der Klägergemeinschaft beziehungsweise deren Vorschusszahlungen, hatte Templin aber überhaupt keinen Anspruch mehr auf die Eintragung der Grundschuld im November 2022 nach dem Verkauf der Immobilie. Zwar hatte er behauptet, einen materiell-rechtlichen Anspruch in Höhe von 1,15 Millionen Euro zu haben gegenüber dem Notar und den Käufern der Immobilie. Doch sogar die Strafkammer setzte in ihren Beweisbeschlüssen voraus, dass ein solcher Anspruch nicht bestand. Templin wiederum drohte aber hier mit Zwangsvollstreckung gegenüber den Käufern der Immobilie – und hat so die Auszahlung des Betrages an ihn bewirkt.
Wieso ist Reiner dagegen nicht vorgegangen?
Reiner war zu der Zeit in den USA und konnte nicht durchschlagend eingreifen. Eine Strafanzeige wurde von uns bereits im November 2023 gegen Templin gestellt, und wir hatten auch die Abtretung des Rückzahlungsanspruchs gegen Templin an seine Kanzleikollegen Antonia Fischer und Justus Hoffmann, welche die Vor-gUG vor Gericht vertraten, hier offiziell im Strafverfahren erklärt zur Verwendung zur Darlehenstilgung. Diese Abtretungserklärung wurde von den damaligen Adhäsionsklägern Antonia Fischer und Justus Hoffmann jedoch zu keinem Zeitpunkt – und daher nach Auffassung von Reiner Fuellmich treuwidrig – angenommen.
Hätte Templin aber nicht 700.000 Euro überweisen könnrn?
Templin hätte in der Tat bereits im Herbst 2022 einfach die aus dem Hausverkauf erlangten 700.000 Euro an Antonia Fischer und Justus Hoffmann überweisen können, also an seine beiden Kanzleikollegen. Wie gesagt, sogar die Strafkammer hat unterstellt, dass er das Geld ohne Rechtsgrund erlangt hat aus dem Hausverkauf. Und wenn Templin dies getan hätte, wäre der ganze Schaden getilgt gewesen und es hätte überhaupt keinen Grund mehr gegeben, Reiner Fuellmich zu verhaften und gegen ihn juristisch vorzugehen.
Hat Templin jemals dazu Stellung bezogen euch gegenüber? Auf meine Anfragen hat er nicht reagiert.
Nein, er hat selbst auf schriftliche Mahnschreiben hat er nicht reagiert. Er ist im Übrigen auch nie vor Gericht erschienen. Wir haben mehrfach vor Gericht beantragt, dass er als Zeuge geladen werden möge. Doch das Gericht hat das nicht getan. Wir haben seine Vorladung im Selbstladeverfahren beantragt, doch auch das hat nicht gefruchtet. Da kam bei uns das ganz starke Gefühl auf, dass Gericht und Staatsanwaltschaft nicht wollten, dass er als Zeuge gehört und vernommen wird.
Wie geht es jetzt weiter, sprich, werdet ihr Berufung einlegen? Und werdet ihr einen Kautionsantrag stellen – und wenn ja, wie sind da die Erfolgsaussichten?
Wir werden das Rechtsmittel der Revision einlegen. Da die erste Instanz bereits vor dem Landgericht stattgefunden hat, ist das statthafte Rechtsmittel die Revision vor den Bundesgerichtshof. Von uns schon vor Beginn der Hauptverhandlung gestellte Kautionsanträge oder Anträge zur Verwendung einer elektronischen Fußfessel wurden sämtlich abgelehnt, ebenso wie die zahlreichen Haftprüfungsanträge auf Aufhebung des Haftbefehls während des Prozesses und die Haftbeschwerde vor dem Oberlandesgericht. Es wird sich nach aktuellem Stand ein zweites Verfahren vor dem Landgericht anschließen bezüglich der monatlichen Zahlungen an die Kanzlei Fuellmich während der Zeit des Corona-Ausschusses für die Erledigung der Kommunikationsarbeit mit den Spendern und Unterstützern etc.
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PS: Am Freitag, also am Tag nach der Verurteilung Fuellmichs, war sich Bild.de nicht zu schade, den 66-Jährigen zum «Verlierer des Tages» zu erklären. Klar, ein Medium muss natürlich nicht die Ansicht Fuellmichs teilen, doch es sollte schon bei den Fakten bleiben. Und jemanden auf einer sehr reichweitenstarken Plattform öffentlich zum «Verlierer» abzustempeln, gegen den, wie Bild.de wohlgemerkt selbst schreibt, ein Urteil ergangen ist, das «noch nicht rechtskräftig ist», ist schlicht diffamierend und hat mit faktengetreuer Berichterstattung nichts am Hut. Und dann setzt Bild.de auch noch in unjournalistischer Manier einen drauf und schreibt am Ende hämisch: «Bild meint: Späte Strafe!»
Quelle: Bild.de
Und damit nicht genug. Zum Gewinner des Tages kürt Bild.de auch noch Argentiniens Botschafter Fernando Brun. Begründung: Der 54-Jährige habe den am Ostermontag verstorbenen Papst Franziskus als jemanden «gewürdigt, der ein Herz hat für die Armen, der für ‹eine Kirche, die zuhört›, stand». Und weil Brun im Mai nach gut zwei Jahren als Chefdiplomat in Berlin nach Buenos Aires zurückkehren und dort Staatssekretär im Außenministerium werde, sende man ihm «¡Felicitaciones!».
Transition News meint: Mehr verklärende Lobhudelei geht kaum. Wie Janine Beicht in einem Beitrag, den wir mit freundlicher Genehmigung von Haintz.Media übernommen haben, aufgezeigt hat, predigte Franziskus zwar Bescheidenheit, in Wahrheit aber herrschte er mit eiserner Hand wie ein «Papst-Diktator».
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