Die Atombombe, die Hiroshima zerstörte,
wirkte in alle Bereiche menschlicher Existenz hinein.
Sie brachte der Menschheit die Gefahr,
sich durch eigene Hand auslöschen zu können.
Jonathan Schell 2003 in «Die Politik des Friedens»
Liebe Leserinnen und Leser!
Die Weltuntergangsuhr der Wissenschaftlerorganisation «Bulletin of the Atomic Scientist» steht auf 89 Sekunden vor Mitternacht. Der große Zeiger rückt der 12 wieder näher, nachdem er 1991 nach dem offiziellen Ende des «Kalten Krieges» schon einmal 17 Minuten davon entfernt war.
Die Organisation und die warnende Uhr wurden als «Notfallmaßnahme von Wissenschaftlern» gestartet, die nach den Atombombenabwürfen auf Hiroshima und Nagasaki vor 80 Jahren einen dringenden Bedarf an einer öffentlichen Aufarbeitung sahen. Die Aufgabe scheint ebenso wie jene, «der Öffentlichkeit zu vermitteln, was die Bombenabwürfe für die Menschheit bedeuteten», bis heute nicht erfüllt worden zu sein – das liegt aber nicht an den Wissenschaftlern, sondern an der dafür verantwortlichen Politik.
In diesen Tagen wird vielfach daran erinnert, dass die USA am 6. und 9. August 1945 die beiden japanischen Städte Hiroshima und Nagasaki mit Atombomben zerstörten. Insgesamt bezahlten rund 400.000 Menschen den bisher einzigen Atomwaffeneinsatz durch die USA mit ihrem Leben.
Um es ganz klar zu sagen: Es handelt sich um eines der größten Kriegs- und Menschheitsverbrechen in der langen Reihe, die die USA in ihrer Geschichte begangen haben. Nicht einmal eine Entschuldigung durch einen US-Präsidenten gab es bisher dafür.
Es gab und gibt keine Rechtfertigung für die Atombombenabwürfe, die «nach den damals bereits existierenden und anerkannten Normen des Völkerrechts, speziell des Kriegsvölkerrechts, illegal» waren, wie Amela Skiljan, Co-Vorsitzende der Juristenvereinigung IALANA Deutschland, vor wenigen Tagen erklärte. Die bis heute in den USA verbreitete Behauptung, die Atombomben hätten «unzählige Leben gerettet», ist von Beginn an falsch.
Das war sie schon, als der damalige US-Präsident Harry S. Truman am 9. August 1945 behauptete, dass diese Bomben eingesetzt worden seien, «um den Krieg abzukürzen, um das Leben Tausender und aber Tausender von jungen Amerikanern zu retten». Was wirklich dahintersteckte und welchen Zielen die Zerstörung Hiroshimas und Nagasakis diente, hat unter anderem der US-Historiker David Horowitz 1965 in seinem Buch über die ersten 20 Jahre des «Kalten Krieges» mit zahlreichen Quellen aufgedeckt.
Wir haben am heutigen Samstag einen entsprechenden Auszug aus dem Buch von Horowitz veröffentlicht. Er liefert einen Einblick nicht nur in die US-Interessen an den Atombomben, sondern auch am Bruch mit dem einstigen Verbündeten Sowjetunion, dem wider alle Tatsachen die Vertragsbrüche vorgeworfen wurden, die die USA selber begingen.
Was der in diesem Jahr verstorbene Horowitz – der leider irgendwann ins nationalkonservative Lager wechselte und mit zwei Büchern noch Donald Trump unterstützte – vor 60 Jahren mit Hilfe umfangreicher Quellen beschrieb, klingt teilweise erschreckend aktuell. Nach dem Untergang der Sowjetunion ist es nun das gar nicht mehr kommunistische Russland, das angeblich die «Freiheit» des Westens bedroht – auf dieser grundsätzlichen Lüge bauen alle weiteren auf, mit denen der Stellvertreterkrieg in der Ukraine, die massive Aufrüstung, auch nuklear, und der hybride Krieg des Westens begründet werden.
Das ist heute so erschreckend wie es das damals war, und genauso gefährlich, wovon die Weltuntergangsuhr kündet. Die Interessen im Hintergrund sind nicht nur die gleichen, sondern dieselben wie vor 80 Jahren, wozu auch das Profitinteresse an Aufrüstung und Krieg zählt.
Die Sucht des Kapitals nach immer mehr Profit gehört auch zu den Gründen, warum die menschengemachte Corona-Krise vor fünf Jahren ausgelöst wurde. Bis heute beschäftigen uns nicht nur die Folgen, sondern auch die Fragen, wie das damals möglich war, was weltweit so vielen Menschen geschadet hat.
Auch darauf machen aktuelle Beiträge bei Transition News aufmerksam, so auf Bestechungen für Covid-Injektionen in US-Krankenhäusern, die Rolle der Politik bei den italienischen Corona-Maßnahmen oder das Geschehen im Inselstaat Philippinen. Über Letzteres berichtet die Anwältin Tanya Lat aus Manila in einem zweiteiligen Interview, das Sie heute und morgen lesen können.
Das sind leider kaum gute Nachrichten, aber trotzdem ist das Wissen darüber notwendig, damit der Widerstand gestärkt wird: für Frieden, Gesundheit und Selbstbestimmung. Für diese können nur wir selbst streiten und sie auch verteidigen gegen die allmächtig erscheinenden Profitinteressen und ihre Handlanger.
Ich weiß, dass das sehr schwer ist und oftmals aussichtslos erscheint. Aber wenn wir es nicht tun, tut es keiner für uns.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein weiteres Mal ein gutes und auch entspanntes Wochenende!
Herzliche Grüße
Tilo Gräser
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Herzlichen Dank an alle, die Transition News treu unterstützen und damit unsere Arbeit und Unabhängigkeit erst ermöglichen!
