Einflussnahme von außen stelle eine Gefahr für die Demokratie dar,
«sei sie verdeckt, wie kürzlich offenbar bei der Wahl in Rumänien
oder offen und unverhohlen, wie es derzeit besonders intensiv
auf der Plattform X betrieben wird».
Frank-Walter Steinmeier, deutscher Bundespräsident

Liebe Leserinnen und Leser

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen in einer Rede vor ausländischer Einflussnahme gewarnt. Damit meinte er Elon Musk, der sich auf seiner Plattform X unverhohlen für die AfD ausgesprochen hatte. Das stört den deutschen SPD-Politiker.

Wie das obige Zitat zeigt, sieht er Einmischung von außen auch bei den Präsidentenwahlen in Rumänien als gegeben an. Man kann davon ausgehen, dass er die Tiktok-Kampagne meinte, mit der der als Außenseiter geltende ultranationalistische Kandidat Călin Georgescu die erste Runde der Präsidentenwahlen in Rumänien gewann.

Der rumänische Oberste Gerichtshof annullierte die Präsidentenwahl nach der Veröffentlichung von Geheimdienstinformationen, wonach die Kampagne gegen das rumänische Wahlgesetz verstoße. Der Geheimdienst behauptete, dass Russland hinter dem Beeinflussungsversuch stecke, ohne aber konkrete Beweise für die mutmaßliche russische Einmischung vorzulegen.

Noch einen Tag zuvor hatten die Richter Anträge zur Annullierung der Wahl abgelehnt. Diese Widersprüchlichkeiten erzeugen den Eindruck, dass hinter den Kulissen um die richtige Strategie im Umgang mit dem unerwünschten Kandidaten gerungen wurde – oder dass es Beeinflussungsversuche aus dem Westen gab. Oder beides. Das meinte Steinmeier aber nicht. Der deutsche Bundespräsident meinte den unbewiesenen Beeinflussungsversuch aus Russland.

Heute habe ich über die aktuellen Ereignisse in Georgien berichtet. Auch hier stehen Vorwürfe russischer Einflussnahme im Raum. Auch diese sind unbewiesen. Damit man mich recht versteht: das heißt nicht, dass es sie nicht gab. Aber sie sind nicht bewiesen.

Politiker aus NATO-Ländern tun äußerst pikiert, wenn es darum geht, dass ausländische NGOs, die in Georgien tätig sind, ihre Finanzen offenlegen müssen. Was sie tun, ist natürlich keine ausländische Einflussnahme. Das läuft unter Meinungsäußerungsfreiheit, die die georgische Regierung übrigens durch ihr Transparenzgesetz gar nicht einschränkt.

Das gleiche Muster zeigt sich in Moldawien. Die prowestliche Maia Sandu bleibt Präsidentin. In den hiesigen Medien wurde berichtet, es habe massive russische Beeinflussungsversuche und Stimmenkauf zugunsten ihres Herausforderers Alexandr Stoianoglo gegeben. Vereinzelt wurde darüber berichtet, dass die westliche Diaspora Sandu gerettet habe.

Wie das ging? Die moldawische Diaspora lebt zu gleichen Teilen im Westen und in Russland. Im Westen gab es eine Vielzahl von Wahllokalen, auch Briefwahl war möglich. In Russland bewegten sich diese im einstelligen Bereich und im abtrünnigen Transnistrien wurde die Zahl stark reduziert.

In allen Fällen – Deutschland, Rumänien, Georgien und Moldawien – sind die Leitmedien sofort bereit, Russland, respektive Elon Musk zu geißeln und entsprechenden Gerüchte für bare Münze zu nehmen. Aber westliche Beeinflussungsversuche, die es zweifellos gibt, die sich aber naturgemäß auch kaum beweisen lassen, werden verschwiegen oder verharmlost.

Halten wir fest: Elon Musk ist (noch) ein Privatmann – ein sehr mächtiger zwar, aber ein Privatmann. Er darf sich auf X zugunsten von Alice Weidel aussprechen.

So wie Steinmeier 2016 Trump als «Hassprediger» bezeichnen durfte. Steinmeier misst mit zwei verschiedenen Ellen: Wenn Musk die AfD empfiehlt, ist das «pfui», wenn er sich – sogar in seiner offiziellen damaligen Funktion als Außenminister – gegen Trump ausspricht, mit dem er dann zusammenarbeiten musste, dann ist das völlig in Ordnung.

Wenn Steinmeier gleichzeitig zu respektvollem Umgang miteinander aufruft, dann kann man das durchaus Heuchelei nennen. Heuchelei zerstört Beziehungen und macht es sehr schwierig, Vertrauen aufzubauen. Vielleicht zeigte Jesus deshalb wenig Nachsicht gegenüber Heuchlern.

Hätte ich einen Neujahrswunsch frei, dann wäre es dieser: Weniger Heuchelei und mehr Ehrlichkeit. Ich hoffe, dass Sie, geneigte Leserin, geneigter Leser, gut ins neue Jahr gestartet sind und wünsche Ihnen ein wunderbares 2025. Bleiben Sie uns gewogen!

Daniel Funk