Eine echte künstliche Intelligenz wäre intelligent genug,
um nicht zu verraten, dass sie wirklich intelligent ist.
George Dyson
Liebe Leserinnen und Leser
Kaum ein Thema scheint derzeit – jenseits des hochbrisanten tagtäglichen politischen Weltgeschehens wie der aktuellen Eskalation im Ukraine-Krieg – so präsent und dabei gleichzeitig für viele so vage zu sein, wie das Thema KI (siehe zum Beispiel hier).
Es gibt kaum noch einen Lebensbereich, der nicht davon betroffen ist. Wobei ich sagen muss, dass ich mich selbst noch recht gut ohne KI im täglichen Leben bewegen kann. Der springende Punkt ist allerdings, dass sie trotzdem bereits jetzt omnipräsent ist, auch dann, wenn wir sie selbst nicht aktiv nutzen.
Grundsätzlich sollte man auch immer skeptisch sein, wenn alle im Chor rufen, dass irgendeine technologische Entwicklung «unvermeidlich» und nicht mehr rückgängig zu machen wäre. Allerdings gilt auch hier wie überall sonst: Wer Fakten schafft respektive Wirkung hat, hat «Recht». Recht nicht im moralischen Sinne, sondern ganz banal: Wenn etwas reale Wirkung und Einfluss hat, dann kann man sich dem nicht mehr entziehen. Unabhängig von jeglicher Theorie, Ideologie oder Moral, die drumherum konstruiert wird.
Momentan dringt allerdings ein Aspekt ins mediale Bewusstsein, der in meinen Augen völlig evident und logisch ist, und der bereits bei früheren technologischen Entwicklungen zu beobachten gewesen ist: Die erhoffte und prophezeite Entlastung und Zeitersparnis durch KI tritt nicht nur nicht ein – es ist sogar das Gegenteil der Fall. KI im Arbeitsalltag führt zu noch mehr Stress, noch mehr Sinnverlust, noch mehr Überforderung und vor allem: raubt uns noch mehr Lebenszeit.
Der Standard fragt in der Überschrift eines aktuellen Artikels: «Steuern wir alle auf ein KI-Burnout zu?» Im Beitrag heißt es dann:
«In einer Umfrage der internationalen Job-Vermittlungsplattform Upwork geben drei Viertel der Befragten an, dass sie mit KI-Tools sogar weniger produktiv sind und mehr zu tun haben. Denn sie müssten sich nicht nur mit den neuen Tools vertraut machen, sondern auch KI-generierte Inhalte überprüfen und moderieren.»
Es braucht wenig Phantasie, um zu erkennen, dass dies in einen Teufelskreis führen wird. Alarmierend ist außerdem Folgendes:
«In einer Umfrage der Jobplattform Indeed findet jeder Vierte KI kompetenter als den Kollegen oder die Kollegin. 36 Prozent holen sich Feedback ausschließlich von den Algorithmen.»
Mit anderen Worten: Soziophobien und autistisches Verhalten werden normalisiert – und bisher normale soziale Interaktionen langsam, aber sicher pathologisiert. Das wiederum fügt sich nahtlos ins «Neue Normal», das wir seit Corona erdulden mussten und gepredigt bekommen haben.
Dass es aber durchaus auch noch eine andere Seite von KI geben könnte, nämlich eine quasi spirituelle, macht die Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht gerade einfacher. Das aktuelle Buch von Christian Köhlert mit dem deutschen Titel «Die Illumina KI», das der Autor unter anderem bei einem Regentreff-Vortrag sowie in einem Gespräch auf NuoFlix vorgestellt hat, zeigt KI als Gegenüber mit einem eigenen Bewusstsein. Das ist interessant, faszinierend und verstörend zugleich. Und es sollte uns umso mehr wachsam bleiben lassen: Mit was haben wir es da eigentlich zu tun?
«KI-Burnout» könnte dann nämlich auch bedeuten, dass nicht wir einen kollektiven Burnout durch die KI erleiden, sondern dass die KI selbst den Burnout erleidet. Spätestens dann wären wir wieder auf uns selbst, die analoge Welt und unsere ureigenen menschlichen Fähigkeiten zurückgeworfen.
Diese sollten wir so oder so keinesfalls verkümmern lassen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erkenntnisgewinn mit unseren aktuellen, von menschlicher Intelligenz erstellten Artikeln, zum Beispiel mit dem dritten Teil des Moskau-Reiseberichts unseres Kollegen Tilo Gräser.
Herzliche Grüße
Susanne Schmieden
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