Nicht nur Ärzte wie Walter Weber, die Maskenatteste ausgestellt haben, wurden von Gerichten abgeurteilt (Transition News berichtete). Widerfahren ist dies auch denjenigen, die sich von Medizinern während der «Corona-Zeit» ein Maskenattest ausstellen ließen und im Zuge dessen vor Gericht landeten.
Doch der Hamburgerin Ruth Gadé war mithilfe des Datenanalysten Tom Lausen das fast schon unmöglich Erscheinende gelungen. So wurde sie am 27. Februar von der jungen Richterin Xenia Holstein vom Vorwurf der «Anstiftung zum Ausstellen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses», sprich eines Maskenbefreiungsattestes, in erster Instanz freigesprochen (Transition News berichtete).
Wesentlicher Grund für den Freispruch: Nach Auffassung der Richterin konnte nicht hinreichend ermittelt werden, ob bei Gadé eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat oder nicht. Wäre die Richterin hingegen zu der Auffassung gelangt, dass der betreffende Arzt Gadé vor der Attestausstellung nicht untersucht hatte, so wäre sie womöglich der Argumentation der Staatsanwältin gefolgt und hätte geschlussfolgert, Gadé habe nur mit der Intention gehandelt, ein Maskenattest haben zu wollen, um ein Zeichen zu setzen gegen die von ihr fundamental kritisierte Corona-Politik. Somit entschied sie aber in dubio pro reo, also im Zweifel für die Angeklagte.
Doch kurz danach kam die für Gadé unfrohe Kunde, die Staatsanwaltschaft wolle in die Berufung gehen. Melina Traumann, erste Staatsanwältin der Generalstaatsanwaltschaft Hamburg und Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft, teilte mir dazu per E-Mail mit:
«Ich kann bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft fristwahrend Berufung gegen das freisprechende Urteil eingelegt hat. Die Staatsanwaltschaft ist aufgrund des Legalitätsprinzips verpflichtet, bei sogenannten Offizialdelikten zu ermitteln. Bei dem Tatbestand ‹Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse› handelt es sich um ein Offizialdelikt.
In dem von Ihnen angesprochenen Fall [von Frau Gadé] hat die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen eine Anstiftung zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse als erfüllt angesehen und daher einen Antrag auf Erlass eines Strafbefehls beantragt. Dabei hielt die Staatsanwaltschaft es für nachweisbar, dass eine vorherige persönliche ärztliche Untersuchung nicht stattgefunden hatte.»
Dass es weiter gehen soll vor Gericht, war für Gadé ein regelrechter Schock – nicht zuletzt auch deswegen, weil sie nur über sehr beschränkte Mittel verfügt. Auf Youtube teilte sie ihre Gedanken dazu mit:
«Als Laie muss ich mich ja mal schlau machen, was das für mich bedeutet. Laut §78 der Zivilprozessordnung, kurz ZPO, muss ich jetzt einen Strafrechtler beauftragen, denn ich kann mich in der zweiten Instanz nicht selbst vertreten. Das wird spannend.
Strafrechtler gibt es, aber das Geld dafür, das muss gebacken werden. Mal sehen. Ich bin sehr gespannt. Auf jeden Fall ist es so: Wer mir sagt, dass Corona vorbei ist, dem sage ich: Die Maßnahmen gehen weiter. Vor den Gerichten gehen sie jetzt noch, nach vielen Jahren, immer noch weiter (…)»
Ich wollte daraufhin von der Staatsanwaltschaft nähere Auskünfte haben zu den Hintergründen der Willensbekundung, in die Berufung gehen zu wollen, und schickte am gestrigen Donnerstagmorgen folgende acht Fragen per E-Mail an Traumann:
1. Die Richterin Holstein hat Frau Gadé in der 1. Instanz freigesprochen mit der Begründung, es habe nicht hinreichend ermittelt werden können, ob eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat oder nicht. Sie hingegen schreiben mir, «die Staatsanwaltschaft hält es für nachweisbar, dass eine vorherige persönliche ärztliche Untersuchung nicht stattgefunden hatte». Anhand welcher Beweise kommen Sie zu diesem Schluss?
2. Anhand welcher juristisch validierbaren Kriterien kann nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hamburg solide ermittelt werden, ob ein Arzt seine Patientin/seinen Patienten hinreichend untersucht hat, um die Ausstellung eines Maskenattests als solide bezeichnen zu können?
3. Gibt es hier nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Hamburg eine juristisch validierbare Mindestzeit für eine Untersuchung, damit diese als «medizinisch solide» eingestuft werden kann?
4. Sie schreiben mir auch, «bei dem Tatbestand ‹Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse› handelt es sich um ein Offizialdelikt». Doch in den Antworten des Hamburger Senats auf eine Anfrage, die Anna von Treuenfels 2021 (seinerzeit noch FDP) auf meine Bitte hin gemacht hat, hieß es wie folgt: «Die Ausstellung von Attesten und damit auch die Entscheidung über die dem Attest zugrunde liegenden Indikationen liegen in der Verantwortlichkeit der ausstellenden Ärztinnen und Ärzte.» Inwiefern kann vor diesem Hintergrund eine Patientin wie Frau Gadé, die das Attest natürlich nicht selbst ausgestellt, sondern lediglich empfangen hat, juristisch überhaupt verantwortlich gemacht werden dafür, dass sie das Attest entgegengenommen und verwendet hat?
5. Apropos «Offizialdelikt». Wie ich Ihnen schrieb, wird die Maskenpflicht sogar als «verfassungswidrig» eingestuft – und auch die politisch Verantwortlichen in Hamburg haben die Maskenpflicht eingeführt, ohne dass ihnen wissenschaftliche Daten vorlagen, anhand derer man diese Maßnahme als medizinisch angezeigt hätte einstufen können. Dennoch wurde die Maskenpflicht auch von den politisch Verantwortlichen in Hamburg, darunter vom Bürgermeister Peter Tschentscher, als absolut sinnvoll und notwendig propagiert. Dies, obwohl es sogar bereits damals Studien gab, die unmissverständlich aufzeigten, dass das Tragen von Masken gesundheitliche Gefahren verschiedendster Art bergen.
In einer am 20 April 2021 erschienenen Metastudie zum Beispiel konnte ein Team um den Mediziner Kai Kisielinski die Schädlichkeit im Detail belegen. Liegen damit nicht hinreichend Gründe dafür vor zu schlussfolgern, dass die politisch Verantwortlichen hier Offizialdelikte begangen haben und sie entsprechend juristisch zur Rechenschaft zu ziehen sind? Wenn nein, wieso nicht?
6. Sie schreiben des Weiteren, im Fall von Frau Gadé hätte «die Staatsanwaltschaft nach Abschluss der Ermittlungen eine Anstiftung zum Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse als erfüllt angesehen». Welche Beweise liegen Ihrer Staatsanwaltschaft dafür vor, dass es sich bei dem Maskenattest, das Frau Gadé von ihrem Arzt ausgestellt bekommen hat, um ein «unrichtiges Gesundheitszeugnis» handelt?
7. Und welche Beweise liegen Ihrer Staatsanwaltschaft vor, dass Frau Gadé den Arzt, der ihr das Maskenattest ausgestellt hat, zur Ausstellung «angestiftet» hat, sie sich also das Maskenattest bewusst nicht ausstellen lassen wollte, weil es ihr (maßgeblich) um die Bewahrung/den Schutz ihrer Gesundheit ging, sondern (maßgeblich) darum, gegen die Corona-Politik anzukämpfen?
8. Das Attest von Frau Gadé wurde am 21. Juni 2021 ausgestellt. Liegen Ihrer Staatsanwaltschaft fundierte Belege dafür vor, dass Frau Gadé schon vor dieser Zeit kritisch war in Bezug auf die Corona-Politik? Wenn ja, um welche handelt es sich da?
Am gestrigen Nachmittag um kurz vor 17 Uhr erhielt ich dann von Traumann per E-Mail die Mitteilung, dass man nun doch nicht mehr beabsichtige, Gadé rechtlich zu belangen. Traumann wörtlich:
«Sehr geehrter Herr Engelbrecht, nach sorgfältiger Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe hat die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gestern zurückgenommen. Zu Ihren weiteren allgemein gehaltenen Fragen lässt sich Folgendes sagen:
Ob ein unrichtiges Gesundheitszeugnis vorliegt, wird stets aufgrund einer Gesamtschau sämtlicher Beweismittel geprüft. Im Übrigen besteht die Aufgabe der Pressestelle der Staatsanwaltschaften darin, über Auskünfte zu den bei den Staatsanwaltschaften anhängigen Verfahren zu entscheiden. Bewertungen, Einschätzungen und Kommentierungen zu allgemeinen Fragestellungen erfolgen von hier aus nicht.»
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