Die «WHO 2.0» – ein Konzept, das weit mehr umfasst als nur eine Weiterentwicklung der Weltgesundheitsorganisation. Sie beschreibt eine umfassende Übernahme der globalen Gesundheitssteuerung durch ein Netzwerk von Digital Health Stakeholdern, also globalen Akteuren der digitalen Gesundheitsbranche. Diese Akteure sind größtenteils nicht gewählt und steuern durch ihre Netzwerke und Datenbanken zunehmend die globalen Gesundheitsstandards.
Die traditionelle WHO als Institution könnte in der Zukunft verschwinden, ohne dass dies spürbare Auswirkungen auf die globale Gesundheitspolitik hätte, denn die digitalen Infrastrukturen sind längst etabliert und die Entscheidungsmechanismen laufen weiter, über Institutionen wie die Weltbank, das Weltwirtschaftsforum (WEF) oder Big Tech-Unternehmen.
Die Idee eines WHO-Austritts einzelner Staaten, wie kürzlich durch die USA, Argentinien oder Italien angedacht oder beschlossen, wird dabei relativiert. Der Austritt aus der WHO hat, so scheint es, wenig Einfluss auf die globalen Agenda-Ziele, da digitale Gesundheitszertifikate, Impfregister und interoperable Datenbanken bereits heute tief in nationale Gesundheitssysteme integriert sind.
Das Aktionsbündnis Freie Schweiz (ABF) geht in diesen Tagen in einem interessanten Hintergrundartikeln im Detail auf diese möglichen Entwicklungen ein.
Die «alte» WHO mit ihren teuren Impfkampagnen und einer bürokratischen Struktur ist aus der Sicht der Befürworter von WHO 2.0 ein Relikt der Vergangenheit. Die digitale Gesundheitsinfrastruktur ersetzt die physischen, teuren Gesundheitseinrichtungen durch Systeme, die nicht nur Gesundheitsdaten sammeln, sondern auch die Bewegungsfreiheit jedes Bürgers in Echtzeit steuern können. Der elektronische Patientenausweis (EPD) und digitale Gesundheitszertifikate dienen dabei als Grundlage eines umfassenden Kontrollsystems. Wer nicht in diesen digitalen Netzwerken registriert ist, könnte effektiv aus dem gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen werden.
In der Schweiz, einem Land, das für seine Vorreiterrolle in globalen Governance-Initiativen bekannt ist, wird dieses digitale Gesundheitssystem bereits getestet. Durch die NGO digitalswitzerland und eine Reihe von Pilotprojekten wird hier eine vernetzte Gesundheitsinfrastruktur aufgebaut, die später als Modell für den globalen Markt dienen könnte. Zentrale Elemente dieses Systems sind die Einführung einer elektronischen Identität (E-ID), des elektronischen Patientendossiers und der Gesundheitszertifikate, die künftig den Zugang zu Arbeitsplätzen, Reisen und sozialen Leistungen regeln könnten.
An der Schaffung dieses digitalen Gesundheitsökosystems sind zahlreiche große Tech-Unternehmen und globale Organisationen beteiligt, darunter IBM, Accenture und Microsoft. Doch auch nationale Akteure wie die Schweizer Gesundheitsbehörden spielen eine zentrale Rolle. Zusammen mit internationalen Organisationen wie der Weltbank, der Gates-Stiftung und GAVI wird ein globales Netzwerk aufgebaut, das nicht nur Daten verarbeitet, sondern auch Entscheidungen über medizinische Behandlungen, den Zugang zu sozialen Leistungen oder gar die Reisefreiheit treffen könnte.
Das WEF wiederum propagiert eine «wertorientierte Gesundheitsversorgung», die in der Praxis vor allem Kostenersparnis durch automatisierte Entscheidungsprozesse bedeutet. KI-gestützte Analysen, die Gesundheitszustände überwachen und individuelle Risiken bewerten, könnten dafür sorgen, dass Menschen je nach digitalem Gesundheits-Score unterschiedlich behandelt werden – von der Arbeitsfähigkeit bis zum Zugang zu Gesundheitseinrichtungen.
Als Land, das sich gerne als neutral und fortschrittlich versteht, ist die Schweiz nicht nur ein Standort für internationale Organisationen, sondern auch ein Testfeld für diese digitalen Gesundheitsinitiativen. Hier werden digitale Gesundheitsdaten gesammelt, verarbeitet und miteinander verknüpft, sodass die Bevölkerung in ein globales Netzwerk eingebunden wird. Dieser Prozess wird oft als «Empowerment» der Bürger verkauft, doch in Wirklichkeit bedeutet er nichts anderes als eine tiefgehende Überwachung und Kontrolle des Einzelnen.
Mit der Einführung des EPDs und des Global Digital Health Certification Network (GDHCN) – wir haben hier darüber berichtet – werden Gesundheitsdaten von Schweizer Bürgern zunehmend international standardisiert und verfügbar. Was ursprünglich als harmloses System zur Bekämpfung der Pandemie begann, könnte sich zu einem globalen Modell für die Verwaltung und den Ausschluss von Bürgern entwickeln.
Die WHO 2.0 ist darauf ausgelegt, auf der Basis digitaler Gesundheitsdaten ein System zur Steuerung des Verhaltens zu etablieren. Dies geht weit über medizinische Maßnahmen hinaus. Durch den Einsatz von KI und digitalen Gesundheitsbewertungen werden Gesundheitsrechte und der Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen dynamisch bestimmt – basierend auf persönlichen Gesundheitsdaten, Verhalten und sozialen Aktivitäten. Wer nicht in das System passt oder einen niedrigen digitalen Gesundheits-Score erhält, könnte aus wichtigen Bereichen des Lebens ausgeschlossen werden, sei es Reisen, Arbeit oder Zugang zu sozialen Leistungen.
Fazit
Das digitale Gesundheitsnetzwerk der WHO 2.0 bietet enorme Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung und Kostensenkung, aber es birgt auch große Risiken: Eine Welt, in der diejenigen, die nicht in das System passen oder sich den digitalen Anforderungen verweigern, marginalisiert oder ausgeschlossen werden. Die Schweiz spielt hierbei eine Schlüsselrolle als Testlabor für die globalen Ambitionen dieser digitalen Gesundheitsagenda, weil alle Akteure vertreten sind und das Land gute Bedingungen sowohl für etablierte Unternehmen wie für Startups bietet. Es bleibt abzuwarten, ob und wie sich Widerstand gegen dieses System formiert – und ob es überhaupt noch möglich ist, sich diesem unsichtbaren Ausschluss aus wesentlichen Lebensbereichen zu entziehen.
Kommentar Transition News
Natürlich wird das Obige weder morgen noch übermorgen realisiert, denn wichtige Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder verfügt die Schweiz über ein elektronisches Patientendossier noch über eine elektronische Identität (E-ID). Das erstere wird neu aufgegleist, nachdem es jahrelang nicht vom Fleck kam, die zweitere wurde vom Volk an der Urne dankend abgelehnt und erscheint ebenfalls in neuer, verbesserter Auflage – demnächst in diesem Theater!
Die E-ID ist im politischen Prozess deutlich weiter. Es ist zwar richtig, dass wichtige Bedenken bei der zweiten Auflage berücksichtigt wurden. Angesichts der obigen Perspektive ist es aber wichtig, das E-ID-Gesetz abzulehnen und das Referendum zu unterstützen, auch wenn zentrale Kritikpunkte der ursprünglichen Vorlage aufgenommen wurden. Die Schweiz braucht keine digitale ID, um modern zu sein. Vielmehr geht es darum, ein Signal gegen die schleichende Einführung eines globalen Kontrollsystems zu setzen und für die Freiheit einzustehen. Bis im April müssen 50.000 Unterschriften eingereicht werden. Die Unterschriftensammlung läuft. Bis gestern wurden allerdings durch drei Komitees erst 9082 Signaturen gesammelt.
Auch bei der Neuauflage des EPD wurden wichtige Kritikpunkte berücksichtigt. Das reicht aber nicht. Insbesondere ist das vorgesehene Opt-out ungenügend. Es muss auch garantiert sein, dass dieses zu keinerlei Diskriminierung führt. Zusätzlich ist die Möglichkeit zu schaffen, jeden Eintrag gegenüber Leistungserbringern und letztlich gegenüber dem Staat offenzulegen oder zu sperren. Solche Sperrungen müssen auf einfache Art möglich sein und dürfen keine negativen Folgen haben. So wie das EPD heute geplant wird, dürften zivilgesellschaftliche Organisationen dereinst das Referendum ergreifen. Wir werden selbstverständlich berichten.
Ein wichtiger Schritt, damit sich die Schweiz nicht dem GDHCN anschließt, was die Einführung von verpflichtenden digitalen Gesundheitszertifikaten zur Folge haben würde, ist das Opting-Out aus den Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Wenn die Schweiz nicht bis im Juli dieses Opting-Out erklärt, sind die verschärften IGV für das Land verbindlich. Aufgrund der IGV könnte die WHO unilateral Gesundheitsnotstände diktieren und verbindliche Maßnahmen beschließen.
Die Aktion ABF Schweiz hat bereits eine Online-Petition ins Leben gerufen, die den Bundesrat auffordert, die Anpassungen der IGV klar abzulehnen und ein Referendum zu ermöglichen.
Die Vernehmlassung ist allen offen. Wichtige Dokumente und Vorlagen gibt es hier. Sie können damit «Ihren» Politikern schreiben und sie über die geänderten IGV informieren.
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