Gerade beim Thema Maskenpflicht zeigt sich, dass wir immer noch in einer verkehrten Welt leben. Denn es werden nicht etwa diejenigen juristisch verfolgt, die wider die Faktenlage behauptet haben, die Sinnhaftigkeit einer Maskenpflicht sei wissenschaftlich belegt, sondern die Ärzte wie Walter Weber und Marc Fiddike, die Maskenbefreiungsatteste ausgestellt haben, und sogar deren Patientinnen und Patienten.
Jens Spahn unbehelligt – Walter Weber und Patienten verurteilt
Selbst jemand wie Jens Spahn, inzwischen Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und während der Corona-Zeit Gesundheitsminister, darf weiter unbehelligt agieren. Dabei hatte er im Frühjahr 2020 veranlasst, dass der Bund 5,7 Milliarden Corona-Masken für 5,9 Milliarden Euro einkaufte, davon aber nur zwei Milliarden an die Bevölkerung verteilt wurden. Mehr als die Hälfte wurde nicht gebraucht und daher vernichtet. Ein Sonderbericht dazu belastet ihn schwer.
Demgegenüber wurden in Webers Praxis 2022 sogar «15 Polizisten in schusssicherer Weste» vorstellig. Und Ende 2024 wurde er sogar verurteilt, und zwar zu 22 Monaten Haft auf Bewährung.
Nicht besser sieht es auf Patientenseite aus. So wurde im Januar dieses Jahres die Berufung einer 62-jährigen Hamburgerin in ihrem Maskenprozess abgeschmettert. Ihr war zur Last gelegt worden, in zwei Fällen von einem Maskenbefreiungsattest oder, wie es heißt, «unrichtigen Gesundheitszeugnis», Gebrauch gemacht zu haben. In erster Instanz war die Angeklagte zu 80 Tagessätzen verurteilt worden. Mit der Berufung begehrte ihre Verteidigung einen Freispruch. Doch vergebens. Dabei hatte die Dame sogar unter Tränen ausgesagt, als 20-Jährige vergewaltigt worden zu sein und in bestimmten Situationen Kreislaufprobleme gehabt zu haben. Sie sei in der Vergangenheit mehrfach kollabiert und könne deshalb keine Maske tragen.
Doch das schier unmöglich Erscheinende ist dann doch eingetreten. So erwirkte die Hamburgerin Ruth Gadé am 27. Februar mithilfe des Datenanalysten Tom Lausen einen Freispruch vor dem Amtsgericht Hamburg-Harburg. Auch ihr war zuvor der Vorwurf der «Anstiftung zum Ausstellen eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses» gemacht worden (TN berichtete auch hierüber).
Die Kehrtwende der Staatsanwaltschaft – und der lange Weg hin zu einer Bestätigung
Die Staatsanwaltschaft wollte daraufhin in Berufung gehen –, doch kurz nachdem ich die Staatsanwaltschaft mit Fragen zu ihrer Revisionsbekundung konfrontiert hatte, machte sie eine Kehrtwende. Antworten auf meine Fragen habe ich übrigens immer noch nicht erhalten –, obgleich ich sogar eine Anfrage auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes über die Plattform FragdenStaat initiiert habe, bei der ich immer noch auf eine Reaktion der Staatsanwaltschaft warte.
Und nicht nur das, auch war es für Gadé ein regelrechter «Kampf», eine Bestätigung für die Rücknahme der Berufung zu erhalten. Gadé schreibt mir dazu:
«Ende März erhielt ich das schriftliche Urteil – mit dem Hinweis, dass die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt habe. Umso überraschter war ich, als mir Torsten Engelbrecht am 3. April eine E-Mail der Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft weiterleitete. Darin hieß es wörtlich: ‹Nach sorgfältiger Prüfung der schriftlichen Urteilsgründe hat die Staatsanwaltschaft ihre Berufung gestern zurückgenommen.› Damit war mein Freispruch offiziell rechtskräftig – oder sollte es zumindest sein.
Was folgte, war ein zermürbender Verwaltungsweg, auf dem ich beim Amtsgericht Hamburg-Harburg mehrfach, und zwar am 16. April, am 8. Mai und am 17. Juni, sowie am 23. Mai und 8. Juni bei der Staatsanwaltschaft Hamburg die Ausstellung einer formellen Bestätigung der Rechtskraft beantragte.
Doch trotz dieser Anträge erhielt ich weder eine Rechtskraftbescheinigung nach Paragraph 35a der Strafprozessordnung noch einen Einstellungsbescheid oder auch nur einen Hinweis auf den abschließenden Verfahrensstand. In meiner Fachaufsichtsbeschwerde vom 20. Juni habe ich diese Versäumnisse detailliert dokumentiert. Ich forderte eine fachaufsichtliche Prüfung beider Behörden und schließlich eine schriftliche Bestätigung, dass mein Freispruch vom 27. Februar 2025 rechtskräftig sei. Am 1. Juli – mehr als drei Monate nach dem Urteil – erhielt ich vom Amtsgericht Hamburg-Harburg endlich eine beglaubigte Abschrift desselben.»
Gadé fasst mir gegenüber auch nochmal zusammen, warum es so absurd anmutet, dass gerade sie wegen eines Maskenattests strafrechtlich verfolgt wurde. So sei der Ausgangspunkt des Ganzen eine polizeiliche Kontrolle gewesen, die am 13. Januar 2022 in Hamburg stattgefunden hatte. Gadé:
«Ich hielt mich wohlgemerkt nicht auf, sondern lediglich in der Nähe einer Versammlung auf, als mir mein ärztliches Attest abgenommen und meine Personalien festgestellt wurden. Dabei hatte bereits 2017 ein Hamburger Lungenfacharzt bei mir Asthma diagnostiziert. Den schriftlichen Beleg hierzu legte ich auch im Rahmen meiner Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen der Polizisten am 14. Januar 2022 vor. Dass ich Asthmatikerin war und bin, war also nicht nur ärztlich dokumentiert, sondern war der Polizei auch bekannt.
Trotzdem wurde mir im Mai 2024, ohne vorherige Anhörung, ein Strafbefehl über 3000 Euro zugestellt. Den ursprünglich von der Polizei geäußerten Vorwurf ‹Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses› hatte die Staatsanwaltschaft in ‹Anstiftung zur Ausstellung eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses› geändert. Ein ebenso absurder Vorwurf.»
Das Gericht habe aber schließlich klargestellt, es lasse sich aus Gadés kritischer Haltung zur Corona-Politik und Maskenpflicht nicht schließen, dass ihr Attest unzutreffend sei. In der Urteilsbegründung heiße es: «Die aus der Beweisaufnahme sich ergebenden Zweifel an der Unrichtigkeit des Gesundheitszeugnisses müssen aus Sicht des Gerichts daher in dubio pro reo zu einem Freispruch der Angeklagten führen.»
Polizei zeigt sich uneinsichtig
Seit dem Freispruch versucht Gadé, ihre Dienstaufsichtsbeschwerde gegen besagten Polizisten weiterzuverfolgen – bis heute aber ohne Erfolg. Dabei habe sie erst nach besagter Fachaufsichtsbeschwerde gegen das Amtsgericht Hamburg-Harburg am 1. Juli 2025 das offizielle Urteil erhalten, dass das Polizei-Beschwerdemanagement nach eigenem Bekunden für die Bearbeitung benötigte. Am 12. Juli 2025 habe die Polizei schließlich reagiert, und zwar mit dem Tenor, dass man die unklare Kommunikation bedaure, die Maßnahmen – also Kontrolle, Sicherstellung des Maskenattests und Aufnahme der Personalien – aber für rechtmäßig halt. Laut Gadé wurde dafür folgende Begründung angeführt:
«Es habe Hinweise auf Gefälligkeitsatteste gegeben, und mein ausstellender Arzt sei einem solchen Ärztekreis zuzurechnen. Dabei liegt der Polizei seit dem 13. Juni 2025 ein Video vor, das klar zeigt, dass ich nicht Teil der Versammlung war – und damit keine Versammlungsteilnehmerin im polizeirechtlichen Sinne. Die Polizeimaßnahme war rechtlich fragwürdig. Ich habe den Hamburgischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit jetzt um Vermittlung gebeten.»
Maskenpflicht, Stressasthma, Tod des Lebensgefährten – erzwungener Berufsausstieg
Wenn man sich Gadés Leidensweg vor Augen führt, so wird das geradezu impertinente Verhalten von Polizei und Staatsanwaltschaft umso unverständlicher. So trat am 24. November 2021, also nur 15 Tage nach dem Tod ihres langjährigen Lebensgefährten, die «3G-Regel» in Kraft. Darauf habe sie mit schweren asthmatischen Hustenanfällen reagiert, wie Gadé berichtet. Und bereits zuvor sei sie stark psychisch belastet worden durch monatelange Besuchsverbote im Heim, in dem sich ihr Lebensgefährte befunden hatte, durch den Zwang zur Durchführung von PCR-Tests bis in die Sterbephase hinein und auch durch die ständige Angst vor neuen Beschlüssen der Ministerpräsidentenkonferenzen.
Und damit nicht genug. Auch hätten die panischen Reaktionen ihrer Kundschaft – Gadé betrieb ein Kuriergewerbe – es ihr unmöglich gemacht, ihren Beruf weiter auszuüben. «Ich sah mich letztlich schlicht gezwungen, mein Kuriergewerbe aufzugeben», so Gadé. «Seitdem lebe ich – unterbrochen von mehreren erfolglosen Versuchen, wieder Arbeit zu finden – von Bürgergeld. Mit 60 Jahren gelte ich auf dem Arbeitsmarkt als kaum noch vermittelbar. Inzwischen bin ich insolvent.»
Im April 2025 wurde dann Gadés Insolvenzverfahren eröffnet. Auslöser dafür war laut Gadé, dass die Investitions- und Förderbank Hamburg (IFB) die Corona-Soforthilfe von ihr zurückforderte. Doch ihr Härtefallantrag auf Erlass sei kürzlich abgelehnt worden, obwohl sie sich auch auf die Aussage von Olaf Scholz berufen hatte, «es muss nichts zurückgezahlt werden». Begründung: Ein solcher Erlass sei nur möglich, wenn «absolut ausgeschlossen» sei, dass ich jemals wieder zahlen könne. Doch es sei ja etwa denkbar, dass ich noch etwas erbe. Gadé:
«Dass mein Berufsausstieg eine direkte Folge der Corona-Maßnahmen war, dass ich dazu noch strafverfolgt wurde und heute mittellos bin, spielte offenbar keine Rolle. Ich denke über Widerspruch nach.»
Videolinks:
- Ruth Gadé, Hamburg: Dienstaufsichtsbeschwerde ungelöst – Einschaltung des Datenschutzbeauftragten (13. Juli 2025)
- Ruth Gadé: Strafverfahren überlebt – dank Tom Lausen. Jetzt fordere ich Antworten von der Polizei Hamburg (11. Juli 2025)
- Ruth Gadé: IFB-Ablehnungsbescheid vom 9. Juli 2025 zur Corona-Soforthilfe im Originalton
- Ruth Gadé:: Antrag auf Erlass Corona-Soforthilfe 2020 nach § 59 LHO i.V.m. § 227 AO (9. Juli 2025)