Wenn es um Depressionen oder Niedergeschlagenheit geht, müssen es keineswegs immer Antidepressiva sein. Im Gegenteil, «Antidepressiva können aggressiv und sogar mordlüstern machen». Darauf macht etwa der Psychiater David Healy bereits seit vielen Jahren aufmerksam und zuletzt auch in seinem Webinar «Mad in America» (Transition News berichtete).
Healy genau wie andere bekannte Kritiker der medikamentenfixierten Psychiatrie wie Joanna Moncrieff und Peter Breggin gehen sogar so weit und meinen, es gebe gar keine soliden Beweise für die These, dass Antidepressiva auf lange Sicht helfen. Und der US-Journalist Robert Whitaker sagte mir bereits vor Jahren in einem Interview, die Art und Weise, wie depressiven Menschen Psychopharmaka verabreicht werden, sei ein bisschen wie «Hexerei».
Zugleich gibt es viele nicht-medikamentöse Stellschrauben, an denen man drehen kann, um Trübsal, Schwermut und emotionaler Tristesse wirksam entgegenzuwirken. So zeigt eine im vergangenen Oktober im Fachmagazin JAMA-Network veröffentlichte Studie, dass eine spezielle Psychotherapie gegen Angststörungen mindestens so wirksam ist ein wie Antidepressivum. Und sogar der Verzehr von Zitrusfrüchten kann gegen Depressionen helfen, so das Ergebnis einer im November 2024 publizierten Arbeit, verfasst von einem Team um Raaj Mehta von der Harvard Medical School. Die Arbeit bestätigt die seit Jahrzehnten vorgetragene, aber vom Mainstream sträflich vernachlässigte These, dass Ernährung die Psyche fundamental beeinflussen kann.
Dabei spielt Ernährung eine zentrale Rolle bei der Zusammensetzung der Darmflora. So erschien erst kürzlich eine Studie, der zufolge der Verzehr einer Vielzahl von Pflanzen Säuglingen beim Aufbau eines stärkeren Darmmikrobioms hilft. Dieses wiederum legt den Grundstein für eine bessere Gesundheit und Krankheitsresistenz im späteren Leben. Und offenkundig wirkt sich die Zusammensetzung der Darmflora auch auf die Stimmung aus.
So kann einer neuen klinischen Studie zufolge die Einnahme von Probiotika die negative Stimmung verringern. «Die Studie liefert weitere Beweise für die Rolle der Verbindung zwischen Darm und Gehirn bei der Regulierung von Emotionen bzw. dafür, dass die Verbindung zwischen Darm und Gehirn eine entscheidende Rolle für die psychische Gesundheit spielt», schreibt Healthline zu der Arbeit.
Die randomisierte, doppelblinde, placebokontrollierte Studie erschien am 9. April im Fachblatt NPJ Mental Health Research. An ihr nahmen 88 gesunde Freiwillige mit einem Durchschnittsalter von 22 Jahren teil. Die Probanden waren nicht übergewichtig und sie konsumierten auch nicht übermäßig Alkohol oder Drogen, und ihnen wurde nach dem Zufallsprinzip für 28 Tage entweder eine probiotische Multispeziesmischung oder ein Placebo verabreicht. Die probiotische Mischung enthielt neun Bakterienstämme, darunter verschiedene Bifidobacterium-, Lactobacillus- und Lactococcus-Arten. Die Teilnehmer der Nicht-Placebo-Gruppe nahmen täglich einen Zwei-Gramm-Beutel in lauwarmem Wasser aufgelöst zu sich.
Dabei wurden die Teilnehmer täglich überwacht. Dies förderte das wichtigste Ergebnis der Studie zutage: Bei den Teilnehmern, die Probiotika erhielten, ging die negative Stimmung etwa ab der Zwei-Wochen-Marke zurück, während die Teilnehmer, die ein Placebo bekamen, keine derartige Verbesserung zeigten. Healthline:
«Da an der Studie gesunde Erwachsene – und nicht nur Menschen mit diagnostizierter Depression – teilnahmen, deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Probiotika der psychischen Gesundheit der gesamten Bevölkerung zugute kommen könnten.
Die Studie unterstreicht das wachsende Interesse an der Verbindung zwischen Darm und Gehirn, einem komplexen Kommunikationssystem, von dem man annimmt, dass es die Stimmung und die Emotionen zwischen dem Darm und dem Gehirn beeinflusst.»
Katerina Johnson, Hauptautorin der Studie und wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Oxford in Großbritannien sowie in der Abteilung für klinische Psychologie der Universität Leiden in den Niederlanden, hat ihren Schwerpunkt bei der «Erforschung der Verbindungen zwischen Mikrobiom, Gehirn und Verhalten». Sie sagte gegenüber Healthline.
«Dies ist die erste Studie, in der die Auswirkungen von Probiotika durch tägliche Stimmungsbeobachtung bewertet werden, und am Ende der einmonatigen Studie scheint sich die negative Stimmung der Probanden noch immer zu verbessern.»
Healthline zitiert zudem Lisa Durette, Leiterin der Psychiatrie an der Kirk Kerkorian School of Medicine der University of Nevada Las Vegas (UNLV), die selbst nicht an der Studie beteiligt war, mit folgenden Worten:
«Wir wissen, dass es zwar seit Jahren Behandlungen für Depressionen und Angstzustände gibt, dass diese aber manchmal nicht die richtige Lösung für den Einzelnen sind. Die Diskussion über andere Möglichkeiten, unseren Patienten zu helfen und einen ganzheitlicheren Ansatz zu verfolgen, ist eine sehr gute Sache.»