Tatsache ist, dass, wenn du dem anderen Leid zufügst,
er versuchen wird, Erleichterung zu finden,
indem er dich noch mehr leiden lässt.
Das Ergebnis ist eine Eskalation des Leidens
auf beiden Seiten.
Nhat Hanh
Liebe Leserinnen und Leser!
Die Eskalationsspirale im Nahen Osten dreht sich weiter. Niemand scheint im Moment in der Lage zu sein, sie zu stoppen. Gestern Abend hat der Iran auf die Angriffe Israels im Gazastreifen und im Libanon sowie auf die Ermordung von Führern der iranischen Revolutionsgarde, der Hamas und der Hisbollah reagiert. Etwa 180 Raketen hat die islamische Republik auf Israel abgeschossen.
Laut iranischen Staatsmedien waren auch Fattah-Hyperschallraketen dabei, die aufgrund ihrer Geschwindigkeit, ihrer Wendigkeit und ihrer Fähigkeit, in geringer Höhe zu fliegen, äußerst schwierig abzufangen sind. Den iranischen Revolutionsgarden zufolge haben 90 Prozent davon ihre Ziele in Israel erreicht. Israel hat deren Einsatz bislang nicht bestätigt. Gemäß T-Online zeigen Videoaufnahmen aber Geschosse, «die mit enormer Geschwindigkeit auf bewohnte Gebiete treffen». Die israelischen Hilfsorganisation Magen David Adom meldete trotzdem lediglich zwei verletzte Israelis. Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat dennoch eine Vergeltung für den Angriff angekündigt. Der Iran hat klargemacht, dass er seinerseits darauf reagieren würde.
Der US-Präsident Joe Biden hat die Unterstützung seiner Regierung für Israel bekräftigt. Laut der Tagesschau sind Gespräche mit Israel über eine mögliche Reaktion auf Irans Angriff im Gange. Bidens Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan und US-Außenamtssprecher Matthew Miller hätten zudem vor dem Angriff bereits «Konsequenzen» für den Iran angekündigt.
Derweil bombardiert Israel weiterhin den Libanon, inklusive Beirut, und fährt mit seiner Bodenoffensive in das Land fort. Auch der Gazastreifen kommt weiter unter Beschuss.
Es stellt sich also die Frage, wie und durch wen die Eskalationsspirale angehalten werden kann. Die im Grunde dafür zuständigen Vereinten Nationen sind inzwischen leider zum Papiertiger geworden. Dabei würden sie dringender denn je gebraucht, nicht nur bezüglich des Nahen Ostens. Die Premierministerin von Barbados, Mia Mottley, hat am Freitag an der UN-Generalversammlung «einen globalen Frieden» gefordert.
Was Israel betrifft, kritisierte Mottley dessen Premierminister Benjamin Netanjahu scharf. Er verwende die Bibel selektiv, um Gräueltaten gegen Palästinenser und Libanesen zu rechtfertigen. Sie verwies darauf, dass dem «Staat Palästina» am 10. September ein Sitz unter den Mitgliedstaaten der UN-Generalversammlung zugestanden wurde. Allerdings ist er kein Vollmitglied des Gremiums.
Mottley machte klar, dass Barbados die Aktionen der Hamas am 7. Oktober verurteilt, «aber wir verurteilen auch die humanitäre Katastrophe in Gaza, die das Ergebnis der unverhältnismäßigen Gewaltanwendung Israels ist, für die es keine Rechtfertigung gibt». Deshalb gebe es Verträge mit Einsatzregeln für den Krieg.
Die Premierministerin sprach sich für eine Zweistaatenlösung aus. So nobel das auch ist, hat Israel insbesondere mit seiner Siedlungspolitik im Westjordanland leider Fakten geschaffen, die eine Zweistaatenlösung im Grunde unmöglich machen. Die radikalen messianischen Siedler werden sich nämlich nicht lebendig aus der Region entfernen lassen. Ein neuer Dokumentarfilm des türkischen Senders TRT World offenbart deren fanatische Entschlossenheit (wir berichteten). Ihr Vorgehen gegen die Palästinensern ist geradezu gnadenlos. Sie wollen sie mit allen Mitteln vertreiben und schrecken auch nicht vor Mord zurück.
Wie mein Redaktionskollege Tilo Gräser am Sonntag in seinem Newsletter feststellte, wollen manche in Israel aufgrund ihrer religiösen Verblendung einen atomaren Weltenbrand. Ihnen zufolge soll die «Endzeit» den Messias bringen. Für einige ist das Ziel ein biblisches «Großisrael», das vom Euphrat bis zum Nil reicht. Es gibt auch christliche zionistische Fundamentalisten, die Israels Kriege bedingungslos unterstützen. Religiöse Fanatiker gibt es aber auch in islamischen Ländern.
In dem Dokumentarfilm von TRT World kommen jedenfalls auch Israelis zu Wort, die sich der Politik ihrer Regierung und dem Vorgehen der Siedler widersetzen. Wir können nur hoffen, dass diese Leute irgendwann die Oberhand gewinnen, wobei im Moment leider die Kriegstreiber am Ruder sind. Dennoch sieht die israelische Journalistin Noa Landau am Ende dieses «Jahres der Verzweiflung» einen «Hoffnungsschimmer»: «Die israelische Öffentlichkeit lehnt die Regierung Netanjahu weiterhin ab», titelt sie einen heutigen Meinungsbeitrag in Haaretz.
Herzlich
Konstantin Demeter
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