Das Unrecht ist epistemisch, weil das Recht auf (ἐπι-, epi-) einer Wahrheit
zu stehen (ἵστημι, hístēmi) vorgibt, die tatsächlich eine Lüge ist.
Jörg Benedict, Lehrstuhlinhaber Universität Rostock
Liebe Leserinnen und Leser!
1660 wurde mit der Gründung der britischen Wissenschaftsgesellschaft The Royal Society entschieden: Es ist der wissenschaftliche Beweis – «the experimental proof» –, der zählt, und nicht grundlose Fantasie und Einbildung. «Nullius in verba» nannte die Royal Society dieses eherne Grundprinzip der Forschung, was so viel heißt wie «nach Niemandes Worten» oder «vertraue nicht auf die bloßen Worte von wem auch immer, sondern verifiziere sie eigenständig durch eine penible Überprüfung der Fakten».
Ein Ereignis von ungeheurer Tragweite. Wollte man doch mit eben dieser höchsten Wertschätzung des wissenschaftlichen Beweises das Ende eines Zeitalters der brutalen Willkür einläuten, in dem es zum Beispiel üblich war, Frauen «im Namen Gottes» der Hexerei zu bezichtigen und bei lebendigem Leibe auf den Scheiterhaufen zu werfen oder ganze Völkerschaften wie die Azteken oder Maya zu unterjochen. Und tatsächlich kann «Nullius in verba» als Reaktion auf die autoritäre Kontrolle der Inquisition verstanden werden.
Heutzutage blicken wir, die wir uns aufgeklärt und sicher aufgehoben im Schoß unserer hochtechnisierten Wissenschaftskultur wähnen, mit Kopfschütteln und großem Unbehagen auf solch dunkle Zeiten des Machtmissbrauchs. Und in der Tat ist der Traum, den die Wissenschaft mit ihrem Beweisprinzip verheißt, nämlich die Menschheit von Mangel, Ignoranz, Aberglauben, Tyrannei und nicht zuletzt auch von körperlichen und seelischen Leiden zu befreien, vor allem in den reichen Ländern an vielen Stellen Wirklichkeit geworden.
Flugzeuge, Traktoren oder Handys, künstliche Hüftgelenke, genau wie die Idee eines Rechtssystems, das dem Beweisprinzip verpflichtet ist – all diese und andere Errungenschaften, auch wenn sie oft durchaus auch mit negativen Konsequenzen verbunden sind, sind Ausfluss eines wissenschaftlichen Strebens, das nur eine Richtschnur kennt: beweisbare Fakten.
Doch gerade auch das Gerichtswesen in ach so «hochentwickelten» Ländern wie Deutschland führt uns – man muss es so klar sagen – den Horror vor Augen, dass wir wieder inquisitorische Zeiten erleben müssen. Denn wo «Nullius in verba» keine Bedeutung mehr hat, herrscht Willkür und ist Machtmissbrauch Tür und Tor geöffnet. Was könnte es Furchtbareres geben?
Dass Inquisition in der Justiz herrscht, zeigt sich beispielhaft am Fall von Christian Dettmar, ehemaliger Weimarer Familienrichter. Im Jahr 2021 hatte er am Amtsgericht in Weimar eine einstweilige Anordnung erlassen, die die Maskenpflicht und andere Maßnahmen für Schüler aufhob. Dettmar hatte sich auf Gutachten berufen, die die gesundheitlichen und seelischen Schäden der Maßnahmen für Kinder belegen sollten.
Der Richter stellte klar, dass diese Maßnahmen auf wissenschaftlich nicht fundierten Annahmen beruhten. Wie faktisch korrekt er damit lag, darüber hat Transition News immer wieder berichtet (siehe zum Beispiel den Beitrag «UNrechtssprechung der Gerichte in Sachen Masken(atteste) setzt sich fort!» oder auch den Artikel «US-Ausschuss des Repräsentantenhauses: Wirksamkeit von Masken, Lockdowns und 1,5-Meter-Abstandsregel nicht belegt»).
«Doch statt eine breite Diskussion zu eröffnen, wurde Dettmar als ‹Querdenker› diffamiert und seine Entscheidung als ein gefährlicher Akt des Widerstands gegen den Rechtsstaat interpretiert. Der anschließende Strafprozess und die Verurteilung Dettmars zu einer erheblichen Strafe zeigten laut Kritikern, wie sehr das Vertrauen in die juristische Unabhängigkeit während der «Pandemie» erschüttert wurde»
Das schreibt meine Redaktionskollegin Wiltrud Schwetje in einem Beitrag, in dem sie auf den Volltext der Verfassungsbeschwerde von Richter Dettmar aufmerksam macht, den das Netzwerk der kritischen Richter und Staatsanwälte KRiStA veröffentlichte. Diese Veröffentlichung soll dazu dienen, Interessierten die Möglichkeit zu geben, «die Arbeit des Bundesverfassungsgerichts zu überwachen und zu untersuchen, ob die Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde gerechtfertigt beziehungsweise mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar war». Die Verfassungsbeschwerde decke Willkür bei seiner Verurteilung auf, so das KRiStA.
Die Berliner Zeitung hatte vor wenigen Tagen ein Interview mit Dettmar veröffentlicht und einleitend geschrieben:
«Heute weiß man: Er hatte recht. Doch das half ihm nicht. Er verliert seinen Job. Gibt es Gerechtigkeit?»
Antwort: Ja, Gerechtigkeit gibt es, aber nicht umsonst. Jede/r von uns muss für sie einstehen, so gut es geht und möglich ist – eine andere Möglichkeit haben wir nicht.
Alles Gute – trotz allem!
Torsten Engelbrecht
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