Aber diese Niederlage ist eine Gewissheit,
weil der Westen sich eher selbst zerstört,
als dass er von Russland angegriffen wird.
Emmanuel Todd
Liebe Leserinnen und Leser
Schon oft wurde der Untergang des Westens vorhergesagt, angefangen mit Oswald Spenglers «Untergang des Abendlandes». Immer wieder taucht die Angst davor auf, dass der «transatlantische Westen» (Heinrich August Winkler) aus den USA, Großbritannien und der EU plus Kanada und Japan entweder von außen zerstört wird oder von innen heraus zerbricht.
Zahlreiche Beobachter deuten den Stellvertreterkrieg der USA gegen Russland in der Ukraine und den Vernichtungskrieg Israels gegen die Palästinenser als Zeichen des Untergangs der globalen Dominanz des US-geführten Westens. Sie meinen, dass es sich um Elemente des Todeskampfes eines untergehenden Imperiums handelt, dessen Zeit als Weltbeherrscher zu Ende geht.
Ich weiß nicht, ob dem so ist, und bin mir nicht sicher, ob «der Westen» nicht aus seiner gegenwärtigen Krise wieder gestärkt und erfrischt hervorgeht – ganz unabhängig davon, was ich von ihm halte. Schon der Erste Weltkrieg war für viele seiner Zeitgenossen das «Ende der Zivilisation» und danach ging es munter weiter, samt nächstem Weltkrieg mit noch mehr Opfern.
Doch der Westen und das ihn tragende kapitalistische System ging selbst daraus gestärkt hervor, baute sich neu auf und rang auch die rund 70 Jahre existierende Gegenkraft in Gestalt des Staatssozialismus nieder. Nun also soll er doch untergehen, wie der französische Anthropologe und Sozialforscher Emmanuel Todd in seinem jüngsten Buch «La Défaite de l’Occident» («Der Untergang des Westens») schreibt.
Der Autor sieht dafür vor allem innere Ursachen, bis hin zu einem Nihilismus, dem nichts mehr heilig ist und der auf nichts mehr Rücksicht nimmt – nicht auf das Leben, auch nicht auf die Nation als menschliche Gemeinschaft und nicht auf andere Kulturen. Den Krieg in der Ukraine sieht er als wichtigen Kulminationspunkt an und ist sich sicher, dass der Westen dort eine Niederlage erleidet.
Diese Niederlage sei eine «Gewissheit, weil der Westen sich eher selbst zerstört, als dass er von Russland angegriffen wird». Todd gibt dafür hochinteressante Begründungen und belegt seine Behauptungen und Thesen mit umfangreichen Quellen.
Er widerspricht unter anderem den westlichen Dämonisierungen Russlands und seines Präsidenten Wladimir Putin. Er widerlegt die Angstmache mit der neuen «russischen Gefahr» und zeigt, warum Russland den aktuellen Angriffen durch den westlichen Wirtschaftskrieg widerstehen kann und warum es in der Ukraine keine Niederlage erleiden wird.
Der Autor, der 1976 den Untergang der Sowjetunion anhand von deren demografischer Entwicklung vorhersagte, begründet seine neueste Vorhersage ausführlich. Ob er Recht hat, wird die weitere Entwicklung zeigen – und entscheiden, ob es nur ein weiteres Untergangsbuch ist oder Todd auch diesmal Recht behält. Er ist sich auf jeden Fall sicher:
«Die Krise des Westens ist die treibende Kraft der Geschichte, die wir erleben. Einige wussten das. Nach dem Ende des Krieges wird es niemand mehr leugnen können.»
Ich finde seine These und seine Begründungen sehr interessant und diskussionswürdig und empfehle das Buch schon mal auch allen, die nicht des Französischen so mächtig sind, um ein ganzes Buch in der Sprache zu lesen. Der Westend Verlag hat es ins Deutsche übersetzen lassen und bringt es am 13. Oktober unter dem Titel «Der Fall des Westens» heraus.
Dann werde auch ich es vollständig lesen und mich mit den Aussagen des Autors auseinandersetzen können. Doch zuvor finden Sie – wie schon seit mehr als vier Jahren – zahlreiche Hinweise auf die Krise des Westens und manches Zeichen seines möglichen Untergangs auch in den Beiträgen auf Transition News.
Das ist auch in dieser Woche so, weshalb ich Sie erneut auf unsere Beiträge und die von Gastautoren aufmerksam mache. Dazu gehören aber ebenso Beiträge, die zeigen, wie es nach dem Untergang weitergeht, anders und vielleicht auch besser.
Suchen wir neben als dem Beobachten des krisenhaften Geschehens um uns herum, im Kleinen und Großen, ebenso die Zeichen der Veränderung, der Alternativen, der Wege aus Krise und Krieg heraus. Diese müssen wir selbst gehen, am Besten gemeinsam, auch damit uns der Untergang des Westens nicht mit in den Abgrund reißt.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen wieder Lesespaß und Wissensgewinn mit unseren Beiträgen sowie ein erholsames und friedvolles Wochenende!
Herzliche Grüße
Tilo Gräser
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Transition TV, Stand der Dinge vom 9. September 2024
Inhalt
- Widerstand ohne Gegenkraft – die Antwort auf die Erschöpfung (02:11)
- Ukraine-update: Selenski will den Krieg beenden, befindet sich aber im Endkampf (05:26)
- Macron Sieger auf Zeit im Doppelspiel (10:21)
- Pandemiewarnungen nehmen zu – ein Zeichen für den kritischen Zustand der Welt (12:02)
- Wie geschichtsvergessen dürfen wir sein? (16:12)
- Die Aufarbeitungsinitiative und das letzte Aufbäumen (29:55)
Redaktion und Moderation Christoph Pfluger
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